Die Kunst, neue Möglichkeiten und Freiräume zu nutzen

Grüezi – Guten Tag!

Momentan können wir vieles nicht tun, was wir sonst selbstverständlich tun. Das gibt auch neue Möglichkeiten und Freiräume. Mit diesem Newsletter möchte ich Sie ermutigen und inspirieren, diese zu nutzen.

Viel Anregendes wünscht Ihnen

Sibylle Tobler

Inhalte

 

Die Kunst, neue Möglichkeiten und Freiräume zu nutzen

Momentan werden wir individuell und kollektiv mit neuen Situationen konfrontiert und zu Veränderung gezwungen. Wir müssen eingespielte Routinen und Gewohnheiten zumindest teilweise und vorübergehend aufgeben. Für manche ist dies eingreifender und existenzieller als für andere. Betroffen sind wir alle.

Für viele Menschen steht das Leben auf dem Kopf. Viele können nicht mehr zur Arbeit oder müssen plötzlich völlig anders arbeiten als gewohnt. Viele werden mit Existenzangst konfrontiert oder sind real in ihrer Existenz bedroht. Anderen macht soziale Isolation zu schaffen. Oder die eingeschränkte Bewegungsfreiheit. Wieder andere nerven sich, dass es nur noch ein Thema zu geben scheint. Oder machen sich Sorgen, wie sich die Situation politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich entwickeln wird.

Dass dies in Stressspiralen führen kann, ist verständlich. Weil es so essenziell ist, dies zu verstehen und zu wissen, woran man solche Spiralen erkennen und wie man sie unterbrechen kann, habe ich die letzten beiden Newsletter-Ausgaben dieser Thematik gewidmet. Kurz zur Vergegenwärtigung: Wenn ich es von Stress habe, meine ich physiologische Prozesse, die in Gang kommen, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf Umstände fokussieren, die wir als unangenehm, frustrierend, besorgniserregend oder bedrohend wahrnehmen. Je mehr und je länger wir das tun, desto enger wird unser Fokus, desto mehr geraten wir mental und physisch aus dem Gleichgewicht, belasten damit unsere Gesundheit und finden immer weniger zu dem, was wir jetzt brauchen: Einen klaren Kopf, Weitblick, gute Ideen und Energie.

Ein erster Schritt, solche Negativspiralen zu verhindern oder aufzufangen, ist es, sich ihrer bewusst zu sein, sie zu erkennen und sich darin zu üben, sie zu unterbrechen. Die Fähigkeit, selbst Ruhe zu schaffen und die Kunst, sich selbst zu beruhigen, spielen dabei eine wichtige Rolle.

Heute gehe ich einen Schritt weiter. Ich lade Sie zu einem Fokuswechsel ein.

Gerade jetzt gibt es auch neue Möglichkeiten und Freiräume, teils unerwünscht, mehrheitlich unerwartet, manchmal überraschend positiv. Ich denke etwa an

  • Eltern, die es bei allen Herausforderungen des Homeoffice schätzen, nicht um 6 Uhr aufstehen zu müssen, um die Kinder in die Krippe zu bringen und rechtzeitig am Arbeitsplatz zu sein. Sie gehen ruhiger in den Tag, nutzen die Zeit des Arbeitsweges für ein gemeinsames Frühstück und erfahren, dass sie produktiver sind, wenn sie die Arbeitszeit etwas flexibler gestalten können;
  • ältere Menschen, die erzählen, dass ihnen Nachbarn Einkaufsdienste anbieten, Nachbarskinder Selbstgebackenes vor die Tür legen oder die Mitarbeiterin der Apotheke Medikamente nach Hause bringt – und dass ihnen solche Erfahrungen Energie geben, Kontakte sich intensivieren, trotz Distanz!
  • eine Therapeutin, die überrascht und erfreut ist über positive Erfahrungen mit Therapiestunden via Skype; sie erzählt von einem Kind, das gerade jetzt enorme Fortschritte mache und dessen Mutter so froh sei mit dieser Form, da es für sie organisatorisch manchmal fast nicht machbar gewesen sei, das Kind zur Therapie zu bringen;
  • eine Freundin, die es einfach genießt, im fast leeren Zug zu ihrem Freund zu reisen, der einige hundert Kilometer entfernt lebt;
  • einen Kunden, der zurzeit im Homeoffice arbeitet und erzählt, dass er dadurch die letzte Zeit der Schwangerschaft seiner Frau viel intensiver mitbekommt und sie diese Situation sehr genießen;
  • ein kleines Restaurant in unserer Nachbarschaft, das auf kreative und gewinnende Art Hauslieferung anbietet;
  • eine Freundin, die erzählt, dass sie es eigentlich ganz gemütlich finde, dass die ganze Familie jetzt zu Hause arbeite, sie, ihr Mann, der Sohn und die Tochter in Ausbildung. Es hätte schon Energie, Kreativität und Flexibilität aller erfordert, aber jetzt hätte jeder seinen Platz, Rhythmus, und sie fänden es alle richtig schön, einander zur Kaffeepause zu treffen;
  • Hotels, die ihre Zimmer als Homeoffice anbieten für Personen, die schlecht zu Hause arbeiten können;
  • eine Freundin, die normalerweise beruflich non-stop unterwegs ist und jetzt die freigewordene Zeit genutzt und eine Initiative gestartet hat: sie lud interessierte Freunde und Bekannte ein, zwei Mal wöchentlich via Skype zu einer Meditation zusammenzukommen, um mental stark und körperlich gesund zu bleiben;
  • eine Fluggesellschaft, deren Personal auf freiwilliger Basis in Spitälern Pflegeprofessionals unterstützt.

Wie wäre es, solche neuen Möglichkeiten und Freiräume bewusst zu sehen und zu nutzen?

Auf diese Weise wird die Fokussierung auf das, was jetzt alles bedrohend ist oder als bedrohend wahrgenommen wird, unterbrochen. Wir sehen noch anderes als das, was jetzt schwierig, kompliziert, unangenehm, beängstigend oder bedrohend ist.

Kleine Schritte bewirken dabei viel.

Wenn wir anfangen, neue Möglichkeiten und Freiräume bewusst zu sehen und zu nutzen, werden wir erfahren, dass wir auf andere Gedanken und in andere Gefühle kommen. Damit sind aktuelle individuelle und kollektive Probleme nicht aus der Welt geschafft. Aber wir legen die Basis, um diese Probleme meistern zu können. Wir unterbrechen Stresszyklen.

Wir kommen mehr in einen Modus von Entspannung. Das ist nicht nur der Modus, in dem Körper und Geist regenerieren können, unsere Gesundheit und gerade auch unser Immunsystem gestärkt werden. Es ist auch der Modus, in dem wir in der Lage sind, unser Blickfeld zu öffnen, alternative Sichtweisen einzunehmen, klar zu denken, kritisch zu bleiben, Ideen zu entwickeln, Energie aufzubauen für alles, was wir jetzt und die kommende Zeit zu meistern haben und Verhaltensweisen zu pflegen, die positive Resultate ermöglichen. Wir kommen mehr in einen Modus des Gestaltens und Aufbrechens – statt zu verharren in der Fokussierung auf Probleme.

So gesehen, ist der aktuelle Ausnahmezustand ein idealer Moment, um Situationen, Gewohnheiten, Strukturen zu überdenken – und gegebenenfalls zu verändern. Wozu wir unfreiwillig gezwungen worden sind, kann so zur Erfahrung führen, dass wir immer Regie übernehmen, Leben gestalten können.

 

Anregungen zur Umsetzung

Ich möchte Sie einladen, sich etwas Zeit zu nehmen und Ihre aktuelle Situation unter dieser Perspektive wahrzunehmen. Und allein oder auch mit Partner, Familie, Freunden Ideen zu sammeln, wie Sie hier und dort mit kleinen Schritten diese Situation gestalten können. Welche Möglichkeiten gibt es jetzt, die Sie bisher nicht hatten, die Ihnen ganz gut gefallen und die Sie strukturell mehr in den Alltag integrieren wollen? Was gibt Ihnen Energie? Was hilft, entspannt zu bleiben? Einige Vorschläge:

  • Überlegen Sie sich nach dem Erwachen als Erstes, wie Sie den Tag gestalten können, sodass Sie am Abend sagen: „Diesen Tag habe ich gut gelebt!“
  • Johan Cruijff, niederländische Fußballer Legende, wurde auch bekannt für seine kernigen Aussprüche, etwa „Elk nadeel heb z‘n voordeel.“ Zu Deutsch: Jeder Nachteil hat seinen Vorteil. Wie sieht das in Ihrer Situation aus?
  • Wenn Sie einen Zauberstab hätten: Welche neuen Gewohnheiten würden Sie strukturell beibehalten? Vielleicht haben Sie im Homeoffice entdeckt, dass Sie viel produktiver sind, wenn Sie die Arbeit flexibler einteilen, etwa am morgen früh schon ein, zwei Stunden arbeiten und sich dann extra Zeit nehmen, um das Frühstück mit der Familie zu genießen? Wie ließe sich dieses Stück Lebensqualität auch fortan pflegen? Vielleicht sind Sie als ältere Person erfreut über die Nachbarn, die Sie gar nicht so gut gekannt haben und die jetzt so hilfsbereit sind. Wie könnten Sie diesen Kontakt auch fortan mehr pflegen?
  • Was sind Dinge, die Sie schon lange einmal machen, lernen, anpacken wollten, die Ihnen Energie geben und die Sie jetzt machen können?
  • Spielerisch Neues tun, etwa: Ein Ritual bedenken, womit Sie schlechte Stimmung auffangen können.
  • Sich von Menschen inspirieren lassen, die sich in schwierigen Situationen auf Möglichkeiten ausgerichtet, eingeschränkte Handlungsräume genutzt und mit kleinen Schritten angefangen haben, Veränderung zu bewirken – statt zuzulassen, sich als Opfer von Umständen zu sehen. Das können bekannte Persönlichkeiten sein wie ein Nelson Mandela, ein Mahatma Gandhi, eine Frida Kahlo. Es können auch Ihr Nachbar, Ihre Großmutter, ein Arbeitskollege sein…
  • Finden Sie Ihre Antwort auf Fragen wie: „Wann werde ich sagen ‚Ich habe das Beste aus dieser Zeit gemacht!‘?“, „Was möchte ich einer kommenden Generation einmal darüber erzählen, wie ich diese Zeit gemeistert habe, was mir dabei Freude gemacht, Energie gegeben hat, worauf ich stolz bin?“, „Wann werde ich sagen ‚Ich fand es schrecklich. Aber im Nachhinein ist es das Beste, was mir passieren konnte?“ Was leiten Sie daraus ab, wie Sie jetzt (anders) denken, sprechen, sich verhalten können? Setzen Sie Schritte um und machen Sie damit neue Erfahrungen.
  • Sich mit einer Gruppe von Menschen zusammentun und gemeinsam Ideen sammeln und Erfahrungen austauschen, wie Sie diese Zeit so gut wie möglich gestalten können. Das kann auch per Skype, WhatsApp oder Zoom.

Ich wünsche Ihnen die Erfahrung, dass es auch in Corona-Zeiten Möglichkeiten und Freiräume gibt. Dass Sie auch mit eingeschränktem Bewegungsraum Neues wagen, sich für Wichtiges einsetzen und Resultate bewirken können, die Energie geben, Mut machen und das innere Wissen stärken, dass Sie nicht Opfer von Umständen sind. Egal, wie klein oder groß diese Schritte sind: Sie tragen dazu bei, dass Sie nicht in Stressspiralen geraten, sondern Ihr Leben weiterhin gestalten. Je mehr Menschen dies tun, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass reale Schwierigkeiten gemeistert werden. Individuell und kollektiv.

 

Wenn Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchten…

  • Es ist essenziell, zu verstehen, dass Situationen wie die gegenwärtige in Stressspiralen führen können und dies letztlich zum eigentlichen Problem wird – weil unser Fokus bei anhaltendem Stress immer enger und im „Notfall-Modus“ beeinträchtigt wird, was wir gerade jetzt besonders benötigen: Gesundheit, Energie und gute Ideen. Vielleicht wollen Sie sich mit den letzten beiden Newsletter-Ausgaben vergegenwärtigen, was es mit Stressspiralen auf sich hat, woran sie erkannt werden können und was erste Schritte sind, sie zu unterbrechen:

 


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