Grüezi – Guten Tag!
Gefühlsregulierung – das bedeutet, sich in der Kunst zu üben, aktiv von beeinträchtigenden Gefühlen in positive Gefühle zu wechseln. Warum dies wichtig ist und wie man sich in dieser Kunst üben kann, davon handelt dieser Newsletter.
Viel Anregendes wünscht Ihnen
Inhalte
- Gefühlsregulierung: Die Kunst, sich selbst zu managen
- Warum wichtig ist, was einleuchtet – Ein Blick in Psychologie und Neurobiologie
- Anregungen zur Gefühlsregulierung im Alltag
- Wenn Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchten…
Gefühlsregulierung: Die Kunst, sich selbst zu managen
In einem Seminar, das ich für Parkinsonpatienten und Angehörige gebe, unterhalten wir uns darüber, wie man in schlechten Momenten am besten vorgeht. Im Alltag mit Parkinson gibt es begreiflicherweise immer wieder Momente, in denen sich die Betroffenen schlecht fühlen. Der Körper geht seinen eigenen Weg, macht einen Strich durch Pläne, zwingt zu Veränderung. Zudem kann die Krankheit selbst die Gefühlslage beeinflussen. Das kann in negative Spiralen führen. Eine junge Frau, bei der vor einiger Zeit Parkinson diagnostiziert wurde, erzählt: „Ich habe ein Ritual entwickelt: Wenn ich merke, dass ich in eine negative Stimmung abzusacken drohe, unterbreche ich kurz alles. Ich ziehe mich in (m)ein Zimmer zurück. Dort schreibe ich mir alles vom Leib oder spreche aufs Smartphone, was mich frustriert, ängstigt, wütend macht. Ich stelle einen Wecker. Wenn dieser klingelt, stoppe ich das Schreiben bzw. Sprechen. Ich stelle schöne, wohltuende, entspannende Musik ein und lege mich einen Moment hin. Es ist wie eine Reinigung. Ich merke, wie ich entspanne, körperlich, mental, emotional. Häufig verschwinden auch beeinträchtigende Symptome. Wenn die Zeit um ist, verlasse ich das Zimmer und gehe meinen Tätigkeiten nach. Oft ist dann der Rest des Tages gut. Mein Mann und unsere Kinder kennen und unterstützen dieses Ritual. Sie lassen mich in Ruhe, wenn ich im Zimmer bin. Ich erfahre, dass ich der Krankheit nicht ausgeliefert bin. Ich kann mich selbst managen – das beeinflusst auch die Krankheit und motiviert mich.“
Das Beispiel veranschaulicht: Gefühlsregulierung bedeutet, sich darin zu üben, aktiv von beeinträchtigenden Gefühlen in eine entspanntere, positivere Stimmung zu wechseln. Es bedeutet, beeinträchtigende Gefühle bewusst wahrzunehmen, zuzulassen ohne darin abzudriften sowie förderliche Gefühle zu aktivieren. Letztlich heißt es, sich in der Kunst zu üben, sich selbst zu managen – Gefühle beeinflussen wesentlich, ob wir unser Leben gestalten oder erleiden.
Das Beispiel veranschaulicht auch, was Gefühlsregulierung nicht ist: Die Kunst, selbst positive Gefühle zu aktivieren, bedeutet nicht, beeinträchtigende Gefühle zu unterdrücken. Es bedeutet nicht, sich anzustrengen, positiv(er) zu sein. Es bedeutet nicht, schön zu färben, was nicht schön ist. Es bedeutet im Gegenteil, den Mut aufzubringen, genau hinzuschauen: Was ist hier los? Was sind das für Gefühle? Was sind Auslöser? Ein aktuelles konkretes Ereignis? Oder handelt es sich um eine Grundstimmung, mit der ich durchs Leben ziehe, die Energie frisst, Motivation dämpft, alles mühsam und schleppend werden lässt – ohne dass ich immer so genau weiß, warum, vielleicht sogar, ohne dass ich einen konkreten Grund erkennen kann? In beiden Situationen – ob beeinträchtigende Gefühle durch etwas Konkretes, Aktuelles getriggert werden oder ob sie zur Gewohnheit geworden sind: Immer ist es wichtig und weiterführend, sich in der Kunst der Gefühlsregulierung zu üben. In akuten Situationen tragen wir damit dazu bei, dass ein Gefühl nicht unbemerkt zur Gewohnheit wird. In Situationen, in denen wir uns schon länger von destruktiven Gefühlen leiten lassen, ist die Entscheidung, zu lernen, die eigenen Gefühle zu beeinflussen, der Anfang des Endes einer negativen Spirale.
Sich in dieser Kunst zu üben, ist nicht nur für Parkinsonpatienten wichtig und hilfreich. Gerade gegenwärtig ist sie essenziell – viele Menschen machen sich Sorgen, fühlen sich unglücklich, sind in schlechter Stimmung, unzufrieden, verunsichert, hilflos, ohne Energie. Oft ohne zu realisieren, dass diese Gefühlslage ihr Denken und Verhalten und letztlich auch die Entwicklungen und Resultate in ihrem Leben beeinflusst – und zu mehr desselben führt. Und oft ohne zu realisieren, dass sie daran etwas ändern können.
Vielleicht wollen Sie sich gleich auf ein kleines Experiment einlassen.
Versetzen Sie sich als erstes kurz in eine Situation, die Sie unangenehm, belastend, vielleicht bedrohend erfahren haben oder gerade gegenwärtig erfahren. Beobachten Sie, welche Gefühle aufkommen, wenn Sie an diese Situation denken. Unbehagen? Angst? Wut? Frustration? Hilflosigkeit? Erschöpfung? Lassen Sie das einen Moment wirken: Mit welchen Gedanken sind diese Gefühle verbunden? Mit welchen Erinnerungen? Reagiert der Körper? Verändert sich Ihr Energielevel? Was tun Sie, wenn Sie diese Gefühle haben?
Und jetzt Szenenwechsel: Versetzen Sie sich in einen der glücklichsten Momente in Ihrem Leben. Lassen Sie diesen Moment in der Erinnerung lebendig werden. Welche Gefühle kommen jetzt auf? Freude? Dankbarkeit, diese Erfahrung gemacht zu haben? Staunen, wie es zu dieser Situation gekommen ist? Das intensive Gefühl, voller Energie, hellwach und lebendig zu sein, die Zeit zu vergessen, in Kontakt zu sein mit sich selbst? Inspiration? Mut? Lebenslust? Vertrauen? Lassen Sie auch dies einen Moment wirken: Welche Gedanken lösen diese Gefühle aus? Reagiert der Körper? Verändert sich Ihr Energielevel? Zu welchem Verhalten veranlassen diese Gefühle?
Wenn Sie sich jetzt auf dieses kleine Experiment eingelassen haben, haben Sie sich soeben in Gefühlsregulierung geübt. Wenn es gut ist, stellen Sie einen Unterschied fest. In Ihrer Stimmung, Ihrem Denken, Ihrem Energielevel und vielleicht auch in Ihrem Körper.
Warum ist es wichtig, sich in der Kunst der Gefühlsregulierung zu üben? Es dürfte sofort einleuchten, dass es sich leichter, angenehmer und erfolgreicher leben lässt in einer positiven Stimmung. Weniger klar ist vielleicht, dass und wie wir dabei negative Gefühle nicht verdrängen müssen und zugleich positive Gefühle bewusst aktivieren können – nicht nur auf dem Liegestuhl am Strand, sondern mitten im Alltag, sogar mitten in garstigen Umständen, die allen Grund geben könnten, in schlechte Stimmung zu kommen.
Warum wichtig ist, was einleuchtet – Ein Blick in Psychologie und Neurobiologie
Wenn es um die Frage geht, was Menschen auszeichnet, die ihr Leben produktiv gestalten und oft ganz Erstaunliches erreichen, so spielt dabei die Fähigkeit zur Gefühlsregulierung eine entscheidende Rolle. Solche Menschen erfahren auch Misserfolg, Enttäuschungen, werden mit einer Krankheitsdiagnose, finanziellen Problemen oder der Trennung von einer nahestehenden Person konfrontiert. Was sie auszeichnet: Sie sind in der Lage, die damit verbundenen begreiflichen beeinträchtigenden Gefühle wahrzunehmen und zuzulassen. Sie verfügen über Frustrationstoleranz. Zugleich sind sie in der Lage, sich selbst zu beruhigen, sich nach gegebener Zeit wieder aufzurappeln und sich zu motivieren, aufzubrechen. Sie können sich selbst motivieren. Diese Kombination bzw. das Wechseln können zwischen Frustrationstoleranz, Selbstberuhigung und Selbstmotivierung ermöglicht, die eigenen Gefühle bzw. sich selbst zu managen.
Vielen Menschen fällt das schwer. Sie bleiben hängen bei negativen Erfahrungen und damit verbundenen Gefühlen. Sie fühlen sich als Opfer von Umständen, verstricken sich in Selbstkritik, Wut, Frustration, Unzufriedenheit. Mit der Zeit kann das Ohnmacht, Resignation bis Apathie bewirken. Sie verharren in den Gefühlen der ursprünglichen Erfahrung. Und diese Gefühle bewirken die dazu passenden Gedanken: „Das Leben ist ungerecht“, „Ich bin ein Versager“, „Niemand liebt mich“, „Warum nur ich?!“ usw. Was wiederum erneut die beeinträchtigenden Gefühle aktiviert und verstärkt. Irgendwann verselbstständigt sich dieser Kreislauf. Wird zur Gewohnheit. Zur Persönlichkeit. Wir haben dann jene Menschen, die auf „Autopilot“ das sprichwörtliche Glas konstant (halb) leer sehen. Sie sind buchstäblich Opfer ihrer eigenen Gefühle. Häufig ohne dies zu realisieren.
Es geht hier nicht um angestrengt gute Miene zu bösem Spiel zu machen. Es geht nicht um angestrengt positives Denken. Es geht auch nicht darum, Gefühle zu unterdrücken. Es geht aber auch nicht darum, sich von beeinträchtigenden Gefühlen lähmen bzw. im Verhalten steuern zu lassen. Es geht darum, beeinträchtigende Gefühle wahrzunehmen, diese Gefühle zuzulassen – und zu gegebenem Moment bewusst andere Gefühle zu aktivieren. Solche, die einen in die Lage setzen, produktiv das Leben zu gestalten.
In der Forschung ist die Bedeutung der Gefühlsregulierung unbestritten.
Allerdings gehen Meinungen auseinander, ob man selbst lernen kann, nicht nur kurzfristig negative Gefühle, sondern auch zur Gewohnheit gewordene gedämpfte Stimmungen aktiv und nachhaltig zu ändern.
Im einen Extrem wird davon ausgegangen, dass das limbische System im Gehirn letztlich unser Verhalten steuert und sich dies im erwachsenen Alter höchstens etwas korrigieren lässt. Das limbische System ist sozusagen die „Chemiefabrik“ unseres Gehirns; hier werden chemische Signale aktiviert und chemische Prozesse in Gehirn und Körper in Gang gesetzt. In direktem Zusammenhang damit werden Gefühle ausgelöst, die den chemischen Signalen entsprechen – Freude geht mit anderen chemischen Signalen einher als Angst und bewirkt andere Prozesse in Gehirn und Körper. Im anderen Extrem wird propagiert, dass alles veränderbar ist, wenn man nur genügend positiv ist. Beide Extreme machen zwar auf Wichtiges aufmerksam, aber mit m.E. problematischen Verkürzungen und Folgerungen. Selbst favorisiere ich den «dritten» Weg, nämlich, dass heute unbestritten ist, dass unser Gehirn ein Leben lang veränderbar bleibt und wir alle also auch immer lernen können, unsere Gefühle zu regulieren – und damit nicht nur unsere Gefühle, unser Denken und Verhalten ändern, sondern auch unsere Gesundheit positiv beeinflussen. Dies erfordert allerdings Wissen und Training. Sowie die Entschlossenheit, sich nicht damit abzufinden, Opfer vom Leben oder Umständen zu sein. Das veranschaulicht die Parkinsonpatientin.
Doch zurück zur Bedeutung der Gefühlsregulierung für die Fähigkeit, unser Leben zu gestalten – auch in Situationen, die allen Anlass geben, in schlechte Stimmung zu geraten.
In der Psychologie wird die Fähigkeit zur Gefühlsregulierung als einer der entscheidenden Faktoren gesehen, ob Menschen ihr Leben gestalten oder das Leben erleiden. Die Fähigkeit zur Gefühlsregulierung wird als wesentlicher Faktor für psychische Gesundheit und Widerstandskraft gesehen. So hebt etwa Julius Kuhl, emeritierter Professor für Differentielle Psychologie, in seiner PSI-Theorie die Bedeutung der Gefühlsregulierung hervor. Kuhl setzt sich seit vielen Jahren breit mit Fragen der Selbstregulierung, Selbstmotivierung sowie Charakteristika „reifer Persönlichkeit“ auseinander. „Reife Persönlichkeiten“ zeichnen sich wesentlich dadurch aus, dass sie über Frustrationstoleranz verfügen und sich zugleich selbst motivieren können. Sie setzen sich mit Problemen auseinander und wollen wissen, wie sie vorgehen können. Sie halten die damit verbundenen dämpfenden Gefühle aus. Zugleich bleiben sie nicht hängen. Sie können sich selbst motivieren, indem sie Distanz nehmen, das bringt sie auf neue Ideen, alternative Möglichkeiten, erinnert an frühere Erfolge sowie daran, was sie eigentlich wollen, was ihnen wichtig ist, wofür es sich lohnt, vorwärts zu gehen. Motivation heisst nichts anderes als Ideen, positive Gefühle und Energie zu mobilisieren, um Schritte umzusetzen und Ziele zu erreichen, die für einen selbst attraktiv und bedeutsam sind. Gemäss Julius Kuhl entscheidet die Fähigkeit zur Gefühlsregulierung wesentlich darüber, ob eine Person das Leben gestaltet oder erleidet.
Während psychologische Konzepte letztlich oft Konstrukte bzw. etwas abstrakt bleiben, hilft uns die Neurobiologie, besser zu verstehen, warum wichtig ist, was einleuchtet. Neurobiologisch steht unser Denken, Fühlen und Verhalten in Wechselwirkung mit neurochemischen Prozessen bzw. Prozessen in Gehirn und Körper. Ein Gefühl ist einerseits gekoppelt an unser Denken: Wenn wir denken, vom Leben benachteiligt oder dem Leben ausgeliefert zu sein, triggern wir andere Gefühle als wenn wir denken, dass wir Ressourcen und Talente haben und immer mitbeeinflussen können, wie sich Situationen entwickeln. Neurochemisch sind negative Gefühle Ausdruck, dass wir im Stress-/Survival Modus sind – negative Gefühle versetzen uns nicht nur mental, sondern auch physiologisch in Alarmmodus. Unser vegetatives Nervensystem stellt auf „Notfall“ um und aktiviert die entsprechenden Prozesse in Gehirn und Körper (Fight, Flight, Freeze). In diesem Modus fokussieren wir auf Umstände, die wir als lästig, unangenehm, belastend, bedrohend wahrnehmen. Damit verlieren wir Kontakt zu uns selbst, unseren Ressourcen und unserer Kreativität. Da sich viele Stressoren, also Auslöser negativer Gefühle, nicht in Luft auflösen (der lästige Nachbar, die finanziellen Sorgen, die chronische Krankheit, ganz zu schweigen von der aktuellen geopolitischen Situation), passiert es schnell einmal, chronisch in schlechter Stimmung zu sein. Damit ist auch unser Körper konstant im Alarmmodus, was auf Dauer zu körperlichen Symptomen führt und Krankheit begünstigt – für unsere Gesundheit ist es wichtig, dass das vegetative Nervensystem auch wieder in den Ruhemodus kommt und damit Prozesse der Regeneration ermöglicht. Körperliche Symptome oder Krankheit verstärken verständlicherweise die gedämpfte Stimmung. Eine Negativspirale. Die gute Nachricht: Neurobiologisch haben wir die Instrumente, um eine solche Spirale zu verhindern bzw. zu unterbrechen. Wenn wir in negativen Gefühlen hängen, hat unser limbisches System die Führung – wir leben auf „Autopilot“ entsprechend unserer Gefühlslage. Indem wir realisieren, dass wir in schlechter Stimmung sind, die entsprechenden Gefühle benennen, ohne sie endlos zu analysieren, aktivieren wir den Frontallappen, jenen Gehirnbereich, der uns befähigt, zu beobachten, zu erkennen, zu reflektieren, motivierende Perspektiven zu entwickeln, Pläne zu machen, Ziele zu setzen, zu lernen usw. Durch das Aufschreiben der negativen Gefühle unterbricht die Parkinsonpatientin den „Autopiloten“ – die entspannende Musik gibt neue Impulse, die ihr bzw. ihrem Gehirn und Körper ermöglichen, in einen anderen Modus zu kommen.
Anregungen zur Gefühlsregulierung im Alltag
Das Beispiel der Parkinsonpatientin veranschaulicht, wie Gefühlsregulierung im Alltag geübt werden kann. Ebenso das kleine Experiment, wozu ich Sie einlud. Weitere Anregungen:
- Verstehen: Negative Gefühle fallen nicht vom Himmel. Sie sind Resultat dessen, was wir erfahren bzw. wie wir Erfahrungen interpretieren, was wir darüber denken. Obwohl genetische Veranlagung, Sozialisierung, Umwelteinflüsse mitspielen, können wir immer lernen, unsere Gefühle zu beeinflussen. Dies zu verstehen, ist die Basis.
- Realisieren: Positive Gefühle sind nicht „Frohnaturen“ oder „Glückspilzen“ vorenthalten. Wenn man genau hinschaut, so haben viele erfolgreiche, positive, glückliche Menschen ihre Gefühle aktiv entwickelt – indem sie sich entschieden, in schwierigen Momenten den Mut aufzubringen, genau hinzuschauen und sich nicht damit abzufinden, in verständliche negative Gefühle abzudriften. Positive Gefühle, wie ich sie hier verstehe, sind nicht so sehr ein „feel good“, das sich in schönen Momenten einstellt – sondern Resultat der Entschlossenheit, Wege zu finden, am Morgen gerne aufzustehen. Vielleicht wollen Sie einige Stichworte notieren, was Sie gewinnen können, wenn Sie lernen, Ihre Gefühle zu regulieren.
- Schlechte Stimmung? Stopp! Machen Sie es sich zum Sport, tagsüber immer wieder mal in sich hineinzufühlen: Wie geht es mir jetzt? So sensibilisieren Sie sich für Ihre Gefühle. Üben Sie, Ihre Gefühle zu benennen. Beobachten Sie sie – ohne ihnen Energie zuzuführen. Wie es ein buddhistischer Mönch so schön ausdrückte: Wie eine Concierge beobachtet, wer in einem Haus ein- und ausgeht, können wir beobachten, welche Gefühle bei uns „ein- und ausgehen“. Förderlich? Beeinträchtigend? Schauen Sie darauf, dass Sie beim Beobachten und sich selbst bleiben. Nicht „Der doofe Nachbar macht mich wütend – schon wieder macht er so viel Lärm“, sondern: „Der Lärm stört mich. Ich mache mir jetzt Gedanken, wie ich vorgehen will. Ich gehe zum Nachbarn und schaue, mit ihm eine Lösung zu finden“.
- Beobachten, nicht werten. Gehen Sie nicht mit sich ins Gericht, dass Sie Angst haben, wütend sind oder ein Misserfolg frustriert – solche Gefühle haben wir alle. Die Frage ist, wie lange wir in diesen Gefühlen bleiben. Indem Sie beobachten, ohne zu werten, unterbrechen Sie den „Autopiloten“.
- Hinschauen statt Wunschdenken zu pflegen. Auch wenn sich negative Stimmungen tatsächlich oft von selbst wieder verflüchtigen, so ist es insbesondere bei wiederkehrenden beeinträchtigenden Gefühlen wichtig, hinzuschauen: Was ist hier eigentlich los? Mit welchen Gedanken, Erfahrungen ist dieses Gefühl verbunden? Sagt es mir etwas, was hilfreich ist, was ich vielleicht übersehen habe und einbeziehen sollte? Oder ist es besser, dieses Gefühl auf die „billigen Plätze“ zu verweisen?
- Ritual entwickeln für schwierige Momente. Wie die Parkinsonpatientin. Im gleichen Seminar erzählte eine andere Teilnehmerin: „Ich habe eine Liste erstellt mit konkreten Schritten, die ich machen kann, wenn ich merke, dass ich in negative Stimmung gerate. Z.B., dass ich in meiner Agenda schaue, wann ich den nächsten Termin habe, auf den ich mich freue. Seit ich diese Liste erstellt habe, habe ich sie noch nie gebraucht!“ Einer Beratungskundin in einer sehr schwierigen Situation, in der sie anfing, zu zweifeln, ob es auch für sie ein „Licht am Ende des Tunnels“ geben würde, gab ich den Auftrag, ein kleines Ritual zu entwickeln für solche Momente. Sie kam ins nächste Gespräch, erzählte, dass sie einen „mentalen Spray“ ausgedacht habe. Jedes Mal, wenn die „schwarzen Wolken“ aufzogen, hätte sie diese mit dem mentalen Spray verjagt. Und sie fügte lächelnd bei: „Es wirkt!“ Selbstverständlich hatten wir davor genau hingeschaut, ob der eingeschlagene Kurs gut war und sie diesen trotz der Durststrecke weiterverfolgen wollte.
- Emotional rehearsal. Sie können trainieren, positive Gefühle zu aktivieren – wie Sie eine Sprache oder Auto fahren lernen. Mehr dazu in meinem Newsletter „Emotional rehearsal – positive Gefühle aktivieren“. Wenn Sie das eine Weile – möglichst spielerisch – üben, werden Sie feststellen, dass sich Ihre Grundstimmung zu ändern beginnt. Und dass Sie bei Gefühlen, die Sie runterziehen, rascher die Kurve bzw. in leichtere Gefühle zurückfinden.
Ich wünsche Ihnen überraschende, motivierende Erfahrungen beim Üben, sich selbst zu managen. Jeder Mensch, der das macht, ist ein Gewinn – und einer weniger, der seine Gefühle über die Umgebung ausschüttet und sich selbst und andere beeinträchtigt.
Wenn Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchten…
Wenn es um Gefühlsregulierung geht, spielt genaues Hinschauen ebenso eine Rolle wie die Entschlossenheit, sich damit auseinanderzusetzen, was man sich denn eigentlich wünscht, was motivierende Perspektiven sind, die einem Energie geben, aus Schwierigem aufzubrechen. „Genau hinschauen“ und „Entschlossenheit und Mut, in Richtung eines motivierenden Horizonts aufzubrechen“ sind zwei der drei Schlüsseldimensionen erfolgreichen Umgangs mit Veränderung. Das Verändern der eigenen Gefühlslage ist nichts anderes als Veränderung . Mehr dazu in meinen Büchern:
- „Neuanfänge – Veränderung wagen und gewinnen“.
- „Veränderungskompetenz fördern. Für Professionals in Führung, Beratung und Therapie“. Dort auch zu Julius Kuhl, Gefühlsregulierung und „Aufbrechen“ vs. „Verharren“
Vielleicht interessieren Sie in diesem Zusammenhang folgende Newsletter-Ausgaben:
- Newsletter 2019/04: „Wenn Gefühle Entwicklung erschweren“
- Newsletter 2023/07: „Emotional rehearsal – positive Gefühle aktivieren“
- Newsletter 2021/09: „Von Opferhaltung ins Gestalten (2): Warum dies fast ‚magisch‘ positive Gefühle auslöst“
- Newsletter 2021/08: „Strategien, aus dem Blues zu kommen“
- Newsletter 2026/10: „Pick Yourself Up“ – Die Kunst, sich aufzurappeln“
- Newsletter 2020/04: „Die Kunst der Selbstberuhigung“
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- Sibylle Toblers Hintergrund
- Sibylle Toblers Konzept zu den Schlüsseldimensionen erfolgreichen Umgangs mit Veränderung (Veränderungskreis ©)
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