Grüezi – Guten Tag!
Willkommen zurück nach der Newsletter-Sommerpause! Schön, sind Sie wieder da. Hoffentlich haben Sie viele Momente erlebt, in denen Sie in Ihrem Element waren – in Kontakt mit sich selbst, Ihrer Lebensfreude, dem, was Ihnen wichtig ist, entspricht, Energie gibt. Warum dieses „im Element sein“ nicht nur im Sommer gepflegt werden sollte, darum geht es in diesem Newsletter.
Viel Anregendes wünscht Ihnen
Inhalte
- „Im Element sein“ ist mehr als ein „Feel good“
- „Im Element sein“ (wieder-)entdecken und pflegen
- Wenn Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchten…
„Im Element sein“ ist mehr als ein „Feel good“
Ich liebe es, Menschen zu begegnen, die in ihrem Element sind.
Egal, wo und wie das zum Ausdruck kommt.
Da ist etwa die junge chinesische Pianistin Yuja Wang. Wenn sie Klavier spielt, hat man das Gefühl, zum ersten Mal Musik zu hören. Yuja Wang ist Musik.
Da ist der Straßenreiniger in unserem Quartier. Er ist stolz auf seine Arbeit. Darauf, für „sein“ Quartier verantwortlich zu sein. Wenn er von seiner Arbeit spricht, etwa davon, wie er sich je nach Wetter für bestimmte Straßen mehr Zeit nimmt, stecken sein Enthusiasmus und natürlicher Stolz an und sorgen für gute Stimmung.
Da ist Krista, eigentlich ausgebildete Physiotherapeutin. Ihre Eltern haben in Den Haag einen traditionsreichen Teeladen geführt. Nach dem Tod der Mutter geht das Geschäft unter neuer Führung beinahe Pleite. Krista entscheidet sich, das Geschäft zu übernehmen. Das ist mit Risiken verbunden. Und Knochenarbeit. Sie ist mit Leib und Seele dabei. Jeden Kunden empfängt sie mit Herzlichkeit, Begeisterung für ihre Produkte, viel Fachkenntnis und Liebe zu dem, was andere vor ihr aufgebaut haben. Jeder verlässt den Laden mit einem big smile – für einen guten Tag ist gesorgt.
Da ist Paul Potts, Mobiltelefonverkäufer mit angeschlagenem Selbstvertrauen. Und einer Leidenschaft: Opern singen. Er pflegt diese Leidenschaft. Sie gibt ihm Energie. 2007 bringt er den Mut auf, sich für den „Britain’s Got Talent“-Wettbewerb anzumelden und auf einer Bühne vor viel Publikum und einer kritischen Jury zu singen. Keiner traut ihm viel zu. Doch er orientiert sich an seiner Leidenschaft, singt – und gewinnt. Seither hat er seine Leidenschaft zum Lebensunterhalt gemacht.
Da ist eine Seminarteilnehmerin, die ihren parkinsonkranken Mann unterstützt; eine sehr beanspruchende und oft belastende Sache. Sie erzählt strahlend, sie hätte sich einen alten Traum erfüllt: Jodeln zu lernen. Sie sagt: „Es singt in mir!“ Und: „Das Jodeln gibt mir so viel Energie, auch für den täglichen Umgang mit dieser schwierigen Situation.“
Sicher kommen Ihnen beim Lesen selbst Personen in den Sinn, bei denen Sie spüren: Die sind in ihrem Element. Schön, wenn Sie selbst eine solche Person sind.
Was zeichnet Menschen aus, die in ihrem Element sind?
- Sie sind offen für die in ihnen angelegten Talente, ihre echten Interessen und Bedürfnisse. Sie sagen nicht „Ach was…“ oder „Ich kann nichts“ oder „zu anstrengend“. Sie fokussieren auf die Entwicklung ihrer Talente – nicht darauf, was sie machen müssen, um anderen zu gefallen, Erfolg zu erzielen usw.
- Sie tun, was ihnen echt Freude macht. Was einem echt Freude macht, entspricht einem, dem, was in einem angelegt ist.
- Sie entscheiden sich dafür, zu pflegen, was ihnen Freude macht.
- Sie bringen dafür Zeit und Energie auf. Auch großes Talent will trainiert, entwickelt werden. Dazu braucht es Entschlossenheit, Commitment, auch Frustrationstoleranz. Eine Yuja Wang oder ein Roger Federer tun nicht nur, worin sie gut sind und was ihnen Freude macht – sie entwickeln ihr Talent und weichen dafür auch nicht vor viel Einsatz, dem Meistern von Schwierigkeiten und Verzicht zurück.
- Sie schöpfen Energie aus dem, was ihnen Freude macht. Die Frau, die jodeln lernt, kommt dadurch an ihre Kraft. Und kann diese auch einsetzen für Herausforderungen, die sie sich nicht ausgesucht hat.
- Sie stecken andere an. Menschen, die im Element sind, sind ein Genuss für die Umgebung. Yuja Wang begeistert die ganze Welt mit ihrem Klavierspiel. Ich durfte das während einem Konzert in Bern (CH) selbst miterleben. Die Berner, bekannt, zurückhaltend zu sein, sprangen aus ihren Stühlen, konnten nicht aufhören mit Standing Ovations und kamen spontan miteinander ins Gespräch.
Leider gibt es viele Menschen, die nicht (mehr) wissen, was für sie beinhaltet, im Element zu sein. Solche Menschen können durchaus sehr engagiert sein, setzen sich etwa für eine Karriere ein, gründen eine Familie, pflegen Hobbies oder bauen ein Haus – doch nicht so sehr, weil sie wirklich Freude daran haben und es ihnen entspricht, sondern weil sie sich davon Erfolg, Wohlstand, Zufriedenheit, soziale Bestätigung, Sicherheit versprechen. Wenn die Freude fehlt, kann das anstrengend werden. Andere dümpeln durchs Leben, ziellos, freudlos, mit einem Gefühl der Leere, Unzufriedenheit. Nicht selten lehnen es solche Menschen ab, sich damit zu beschäftigen, was ihnen wirklich Freude macht. Entweder, weil sie gestresst sind und meinen, keine Zeit dazu zu haben. Oder weil sie Ansichten vertreten wie „Man darf doch nicht einfach tun, was einem Freude macht“, „Wo kämen wir hin, wenn jeder nur tut, was ihm entspricht“, „Das Leben ist doch kein Wunschkonzert“. Vielleicht sind sie auch ratlos: „Ich weiß gar nicht, was es für mich beinhalten könnte, im Element zu sein.“ Das Resultat: Wenig Lebensfreude, Anstrengung, innere Leere, irgendwann Unzufriedenheit, Neid, Opferdenken oder sogar Beeinträchtigung der Gesundheit. Das ist nicht nur traurig. Der Preis dafür individuell und gesellschaftlich ist hoch, man denke etwa an unmotivierte Mitarbeitende, unzufriedene Mütter, Kosten für medizinische und psychologische Anstrengungen, Menschen „funktionsfähig“ zu halten. Ganz zu schweigen davon, dass ein Leben in einer Gesellschaft mit vielen solchen Menschen unangenehm werden kann.
Spätestens unter diesem Gesichtspunkt wird deutlich, dass „im Element sein“ mehr ist als eine „Wohlfühlangelegenheit“, Luxus einer Wohlstandsgesellschaft, etwas für Weltfremde.
„Im Element sein“ ist die Basisvoraussetzung für eine gesunde Entwicklung – individuell und gesellschaftlich.
Warum?
Wer in seinem Element ist, ist mehr im Gleichgewicht, kann sich mit weniger Anstrengung engagieren, ist zufriedener und bleibt damit letztlich eher gesund.
Was intuitiv einleuchtet, lässt sich motivationspsychologisch oder auch neurobiologisch erklären. Um einmal den motivationspsychologischen Zugang zu wählen (in Orientierung u.a. an der Motivationstheorie des US-Amerikanischen Verhaltens- und Sozialpsychologen David McClelland (1917-1998)): Vereinfacht gesagt verknüpft eine Person, die im Element ist und dies bewusst pflegt, drei Dinge miteinander: 1. Sie hat Zugang zu sich selbst und ihren Talenten. 2. Sie handelt in Übereinstimmung mit ihren „basalen Motiven“, (unbewussten) Antreibern zum Handeln, die genetisch und durch frühkindliche Lernerfahrungen bestimmt sind und beim Handeln positive Gefühle auslösen – das, was man tut, macht Freude. 3. Schließlich passen die „basalen Motive“ dieser Person zum (bewussten) „motivationalen Selbstbild“, dem, was sie bewusst sein und tun möchte. Kurz: Eine solche Person tut, was in ihr angelegt ist, schöpft daraus positive Gefühle und verbindet dies mit Zielen und Schritten, für die sie sich bewusst entscheidet. Menschen, die sich ausschließlich am „motivationalen Selbstbild“ orientieren, also an dem, was sie bewusst/kognitiv sein und tun wollen, müssen die fehlende affektive Komponente (es macht nicht echt Freude) kompensieren mit Willen, Anstrengung und Fleiß. Auf die Dauer leidet so Lebensqualität, droht Erschöpfung und nehmen Gesundheitsrisiken zu.
Sie können dies alles wieder vergessen. Solange Sie nur verstehen, dass es kein Luxus ist, zu entdecken, wann, bei welchen Tätigkeiten Sie im Element sind. Und sich entscheiden, diesen Tätigkeiten bewusst Raum zu geben.
„Im Element sein“ (wieder-)entdecken und pflegen
Vielleicht sind Sie eine Person, die weiß, wie es sich anfühlt, im Element zu sein. Ich kann Sie nur ermuntern: Nehmen Sie sich Zeit dafür. Pflegen Sie, was Ihnen Freude macht. Lassen Sie sich nicht verunsichern von anderen, die das möglicherweise abwerten, neidisch sind oder Ihnen vermitteln, egoistisch zu sein. Vergegenwärtigen Sie sich und orientieren Sie sich vielmehr an Menschen wie Yuja Wang, dem Straßenreiniger, Krista oder Paul Potts – dann werden Sie sofort (wieder) wissen, dass Menschen, die im Element sind, ein Geschenk sind für die Umgebung. Evtl. müssen Sie Distanz nehmen von Menschen und Umgebungen, die dies verunmöglichen.
Vielleicht wissen Sie aber auch nicht so recht, wie es sich anfühlt, im Element zu sein. Sie sind nicht allein! Für Sie folgende Anregungen:
- Jeder Mensch ist darauf angelegt, im Element zu sein. „Im Element sein“ ist nicht etwas für Bevorzugte! Die einen Menschen haben durch Persönlichkeit und Erfahrungen einen natürlichen Zugang dazu wie eine Yuja Wang. Doch auch wenn in Ihnen nicht eine Konzertpianistin angelegt ist, so gibt es auch in Ihnen Talente, echte Interessen und Eigenschaften, die entwickelt werden wollen. Sagen Sie nicht „Ich bin eben nicht talentiert“. Sagen Sie vielmehr „Ich will entdecken, wie es sich anfühlt, in meinem Element zu sein!“. Das ist die Basis.
- Entdecken – nicht angestrengt suchen. Wir wissen aus der Forschung, dass Menschen, die nicht (mehr) wissen, wie es sich anfühlt, im Element zu sein, dies nicht „über den Kopf“ ändern können. D.h. es ist witzlos, sich zu sagen: „So, ich muss doch jetzt wissen, was mir entspricht!“ Doch glücklicherweise gibt es einen „Umweg“, der den Zugang zu sich selbst (wieder) erschließt. Das beginnt mit folgendem Schritt:
- Sich Zeit nehmen für sich selbst und Entspannung. Gehirnphysiologisch wird durch Entspannung der Zugang zu sich selbst erschlossen, zu Talenten, Interessen, Bedürfnissen und positiven Gefühlen. Nehmen Sie sich also täglich Zeit und tun Sie etwas, was Ihnen guttut, hilft, zu entspannen. Das kann ein Spaziergang sein, Tagebuch schreiben, Meditation, Sport, Musik, einen Kuchen backen. Beobachten Sie: Wie geht es Ihnen? Welche Gedanken und Gefühle erkennen Sie? Was bewirken diese? Was sind Ihre Bedürfnisse? Was fühlt sich gut an? Was gibt Ihnen Energie? Was nicht? Machen Sie das täglich, konsequent wie Zähneputzen. Sehen Sie es als Weg, den Zugang zu sich selbst (wieder) zu erschließen.
- Erkunden: Wann fühle ich mich in meinem Element? Lassen Sie Ihr Leben wie einen inneren Film ablaufen: Wann gab / gibt es Momente, von denen Sie sagen „Dann fühlte ich mich im Element!“? Das kann auch weit in die Kindheit zurückgehen. Sie können sich dies auch am Ende jeden Tages fragen: Wann habe ich mich heute im Element gefühlt? Was war dann? Was habe ich dann getan? Folgende Fragen können noch zusätzlich helfen, sich selbst auf die Spur zu kommen:
- In welchem Momenten/Phasen fühl(t)en Sie sich glücklich? Was taten/tun Sie dann?
- Wann, in welchen Situationen, bei welchen Tätigkeiten vergessen Sie die Zeit?
- Wann können Sie sich über etwas wirklich freuen?
- Welche Aktivitäten machen Sie auch ohne Belohnung immer wieder und ziehen sie zeitlich häufig vor?
- Wobei und wann haben Sie besonders gerne und problemlos gearbeitet, konnten kein Ende finden?
- Wann können Sie sich über ein erzieltes Ergebnis echt und ganz besonders freuen?
- Klären: Was sagt das aus über das, was Ihnen entspricht? Welche Eigenschaften, Tätigkeiten, Bedürfnisse sind damit verbunden?
- Entscheiden: Wie pflege ich fortan, mehr im Element zu sein? Vielleicht wollen Sie sich einen Traum erfüllen wie die Dame, die jodeln lernte. Oder Sie entscheiden sich, sich täglich eine Stunde Zeit zu nehmen, Ihr Hobby auszuüben. Vielleicht haben Sie auch festgestellt, dass Sie immer besonders zufrieden und glücklich sind, wenn Sie Ihre Familie um sich haben – und entscheiden sich, dafür bewusst (mehr) Zeit zu nehmen und dies zu pflegen. Vielleicht kommen Sie auch an den Punkt, zum Beruf zu machen, was Ihnen Freude macht.
- Umsetzen. Machen Sie sich auf den Weg. Das beginnt damit, dass Sie jeden Tag etwas tun, wobei Sie sich im Element fühlen. Und seien es nur fünf Minuten.
„Don’t Die with Your Music still in You“ (Wayne W. Dyer). Frei übersetzt: Sterbe nicht, ohne die Talente und Bedürfnisse in Dir gehört und Dich dafür eingesetzt zu haben. Ich wünsche Ihnen den Mut und vor allem die Freude, Ihre ganz persönliche Art, im Element zu sein, (wieder) zu entdecken und zu pflegen!
Wenn Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchten…
- Lassen Sie sich „anstecken“ von Menschen, die im Element sind. Umgeben Sie sich mit solchen Menschen. Lesen Sie Bücher von oder über solche Menschen. Das tut nicht einfach gut und ist erquickend – es unterstützt und ermutigt Sie in Ihrem eigenen Weg. Vielleicht wollen Sie in diesem Zusammenhang eine Kostprobe der erwähnten Pianistin Yuja Wang hören.
- Vielleicht interessieren Sie in diesem Zusammenhang meine Newsletterausgaben 2017/05 „Selbstverwirklichung?!“ oder 2016/11 „Hohe Ansprüche – Ressource oder Stolperstein?“.
- Die Auseinandersetzung damit, was für Sie „im Element sein“ beinhaltet, ist die Basis eines „motivierenden Horizonts“. In meinem Buch „Neuanfänge – Veränderung wagen und gewinnen“ erfahren Sie, was unter einem „motivierenden Horizont“ zu verstehen ist und wie Sie einen solchen entwickeln können.
- Es gibt viele Gründe, die Menschen davon abhalten, Schritte zu unternehmen, um (mehr) im Element zu sein. Besonders beeinträchtigend sind verinnerlichte Überzeugungen wie etwa „Das Leben ist doch kein Wunschkonzert!“. Mehr dazu in meinem Buch „Die Kunst, über den eigenen Schatten zu springen oder wie Sie Schwierigkeiten bei Neuanfängen meistern“, insbesondere Kapitel 3.
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