Man muss nicht dauernd verändern!

Grüezi – Guten Tag!

Vielleicht haben Sie sich auch schon gefragt: Muss man denn immer verändern?! Etwa, wenn es am Arbeitsplatz zur x-ten Umstrukturierung kommt. Oder wenn Ihnen ein Freund nahelegt, dass Sie die Stelle wechseln sollten. In diesem Newsletter erhalten Sie Impulse zu Wegen jenseits von Veränderungsaktivismus und Veränderungsüberdruss.

Viel Anregendes wünscht Ihnen

Sibylle Tobler

Inhalte

 

Man muss nicht dauernd verändern!
Wege jenseits von Veränderungsaktivismus und Veränderungsmüdigkeit

An einer Tagung „Newplacement“, an der sich Personalverantwortliche verschiedener Firmen damit auseinandersetzen, wie Mitarbeitende bei Stellenabbau erfolgreich zu einer neuen Aufgabe begleitet werden können, wird mir in Anschluss an mein Referat zum Thema „Umgang mit Veränderung“ die Frage gestellt: „Muss man denn immer verändern?! Kann man nicht veränderungsmüde werden?“

Gute Frage. Immer wieder sehe ich Menschen, die atemlos von Veränderung zu Veränderung hetzen oder sich unter Druck setzen mit der Meinung, stets verändern zu müssen. Oder ich sehe, wie in Organisationen Mitarbeitende mit einer Umstrukturierung nach der anderen konfrontiert werden.

Insbesondere, wenn Veränderungen keine „passende“ Strategie zugrunde liegt bzw. diese Strategie nicht nachvollziehbar kommuniziert wird, kann Veränderung ermüden. „Veränderungsmüdigkeit“ kann entstehen, wenn Veränderungen

  • zu oft erfolgen,
  • nicht nachvollziehbar sind,
  • keinen Sinn machen,
  • nicht auf etwas hinführen, was besser ist als der Status quo,
  • nicht mit individueller Motivation verknüpft werden.

In solchen Situationen können sich beeinträchtigende Gefühle breit machen: Man fühlt sich wie ein Blatt, das im Wind von einer Veränderung zur anderen getrieben wird. Oder als Hamster im Rad, der versucht, mitzuhalten. Möglicherweise als Opfer von Umständen. Das macht müde. Und führt begreiflicherweise zur Frage: „Muss man denn immer verändern?!“ Diese Frage ist nützlicher Impuls: Sie bringt ins Nachdenken darüber, womit und wie man beschäftigt ist – und ob man so weitermachen will. Und sie setzt in die Lage, nach anderen Wegen zu suchen. Solchen, die nicht ermüden.

Man muss nicht immer verändern!

Zunächst eine Faustregel: Was gut läuft, muss nicht verändert werden! Es ist wertvoll, wenn Dinge gut laufen – das darf man ruhig genießen!

Es ist auch nicht alles über den Haufen zu werfen, wenn Dinge einmal harzig laufen oder Resultate zu wünschen übrig lassen. Sinnvoller ist es, sich erst ein klares Bild zu machen: Was ist hier eigentlich los?

Man muss nicht verändern, damit verändert ist! Veränderung ist kein Selbstzweck. Dies kostet nicht nur Energie, Zeit und Geld; Veränderung wird so beliebig, verkommt zur Alibiübung und führt selten zu Resultaten, bei denen man erfreut sagen kann: „Diese Veränderung und der ganze Einsatz dafür hat sich gelohnt!“ Veränderung als Selbstzweck führt nicht in bessere Situationen, sondern weiter weg von sich selbst.

Wann ist Veränderung denn sinnvoll?

Veränderung macht Sinn, wenn sie darauf gerichtet ist, eine Situation zu erreichen, die besser ist als die gegenwärtige und es eine Vorstellung gibt, was dies beinhaltet. Etwa:

  • Es gibt einen Veränderungswunsch bzw. eine Vision, ein Ziel, wofür man sich einsetzen will. Veränderung macht Sinn, weil man motiviert ist, etwas zu erreichen, was einem wichtig ist;
  • Dinge laufen seit längerem nicht gut, Situationen fressen Energie und/oder Resultate lassen zu wünschen übrig. Veränderung macht Sinn, weil Gesundheit, Lebensqualität und die eigene Entwicklung anders auf der Strecke bleiben;
  • Ein Ereignis (z.B. eine Krankheit, die Trennung vom Partner, ein Todesfall) führt zu einer neuen Ausgangslage. Sich auf Veränderung einzulassen macht Sinn, weil dies ermöglicht, nicht bei dem hängen zu bleiben, was nicht mehr ist.

Vielleicht fragen Sie jetzt: Wie findet man denn einen Weg jenseits von Veränderungsaktivismus und Veränderungsmüdigkeit? Wie gelingt dies gerade in Situationen, in denen man sich Veränderungen ausgeliefert fühlt – wie die Person, deren Frage Anlass war zu diesem Newsletter? Folgende Schritte setzen Sie dazu in die Lage:

  • Immer zuerst innehalten: Wenn Sie seit längerer Zeit entweder wie ein Hamster im Rad versuchen, mitzuhalten oder wenn sich Gefühle von Ohnmacht, Frustration, Resignation oder Müdigkeit breit machen: Nicht weiter machen wie bisher. Sondern:
  • Sich ein Bild machen: Wie kommt es eigentlich zu dieser Situation? Wer und was ist beteiligt? Wie bin ich selbst beteiligt? Und vor allem auch: Welche Möglichkeiten habe ich hier, anders vorzugehen?
  • „Vom Ende her denken“: Wenn ich mir vorstelle, dass ich erfolgreich Wege im Umgang mit dieser Situation gefunden habe und sich diese zum Guten geändert hat: Wie sieht eine mögliche neue Situation dann aus? Was ist dann anders?
  • Das Ruder in die Hand nehmen: In Holland, bekanntlich eine Seefahrernation, gibt es ein schönes Sprichwort „Man kann den Wind nicht bestimmen, aber man kann bestimmen, wie man die Segel setzt.“ Wir haben nicht immer in der Hand, wie Dinge laufen. Wir haben aber immer in der Hand, wie wir uns zu einer Situation verhalten: Ob wir uns Veränderungen ohnmächtig, hilflos oder wütend ausgesetzt fühlen. Oder ob wir Situationen als Ausgangslage nehmen, zu klären, welche Schritte wir hier unternehmen können, um zu besseren Resultaten zu gelangen. Wir können immer entscheiden: Ist es sinnvoll, eine andere Haltung gegenüber einer Situation einzunehmen? Oder ist es erforderlich, andere Wege zu finden, vielleicht sogar aufzubrechen, einen Neuanfang zu wagen?
  • Die Schlüsselfrage lautet: Wie kann ich mit dieser Situation umgehen, sodass ich (wieder) in Kontakt bin mit mir selbst und Schritte unternehme, hinter denen ich stehe, die zu mir „passen“ und die mich weiterkommen lassen? Wie kann ich diese Situation nutzen, um weiter zu kommen in meinem Leben? Was ist jetzt sinnvoll und/oder erforderlich, um (mehr) Lebensqualität und -freude zu erfahren? Was will und kann ich dazu unternehmen?

Wenn wir Antworten auf diese Schlüsselfrage finden, können Situationen und Veränderungen immer noch anstrengend sein und alles von uns fordern – aber wir werden nicht „veränderungsmüde“. Wir sind dann fokussiert auf das, was wir hier unternehmen können und wollen, was uns entspricht und wozu wir uns entscheiden – ganz egal, ob wir am Schluss

  • Wege finden, anders mit dem umzugehen, was ist;
  • uns zu einem Aufbruch und Neuanfang entscheiden;
  • akzeptieren, was ist.

So sind wir in der Lage, im Umgang mit Veränderung selbstbestimmt „passende“ Vorgehensweisen zu finden jenseits von Aktivismus und Resignation oder Erschöpfung.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie genießen können, was gut läuft. Und dass Sie in Situationen, in denen Dinge nicht gut laufen oder Lebensqualität beeinträchtigt wird, den Mut aufbringen, innezuhalten, herauszufinden, wo Sie ansetzen können und Schritt für Schritt umsetzen, wozu Sie sich entscheiden.

 

Die Essenz: Das Ruder in die Hand nehmen

Bei der Frage „Muss man denn immer verändern?!“ geht es also im Kern darum, das Ruder in die Hand zu nehmen. Dies beinhaltet, für sich zu klären:

  • Besteht für mich hier Veränderungsbedarf? Wenn ja:
  • Was motiviert mich, hier aktiv zu werden?
  • Was kann ich gewinnen, wenn ich hier nach neuen / anderen Wegen suche?
  • Wie sieht eine Lebenssituation aus, für die es sich lohnt, jetzt aktiv zu werden?
  • Was kann und will ich hier tun, um persönlich weiter zukommen?
  • Wozu entscheide ich mich? Stehe ich hinter diesem Entscheid?
  • Wie kann ich konkret vorgehen? Was sind erste Schritte?

Es ist nützlich, sich dabei zu vergegenwärtigen:

  • Sie sind niemandem Rechenschaft schuldig. Außer sich selbst. Was andere denken, erwarten, Ihnen nahelegen, hat nur so viel Gewicht, wie Sie ihm geben.
  • Sie brauchen nicht zu kämpfen, die Welt zu verbessern, andere Menschen zu ändern: Sie brauchen „nur“ herauszufinden, wie Sie jetzt auf eine Weise vorwärts gehen können, die Sie erreichen lässt, was Ihnen wichtig ist.
  • Sie brauchen auch nicht rücksichtslos, sozusagen mit der Brechstange Resultate abzuzwingen. Gehen Sie – orientiert an dem, wozu Sie sich entscheiden – Schritt für Schritt, in Ihrem Tempo voran. Entschlossen, aufrecht, freundlich. Nehmen Sie wahr, dass und wie Dinge anfangen, sich zu verändern. Freuen Sie sich an kleinen und großen Erfolgserlebnissen. Sie werden sehen, dass Sie so sehr weit kommen können.

Wenn Sie sich an diesen Punkten orientieren, wird es immer noch Veränderungssituationen geben, die ermüdend und vielleicht in sich selbst wenig sinnvoll sind. Doch Sie werden entdecken, dass Sie so vorgehen können, dass es für Sie Sinn macht und Sie vorankommen.

 


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