Optimismus statt Über-Optimismus

Grüezi – Guten Tag!

Sind Sie ein Optimist / eine Optimistin? Sehen Sie immer wieder Möglichkeiten und vertrauen Sie auf Lösungen? Wunderbar. Das wird Ihnen gerade im Umgang mit Veränderung helfen. Nutzen Sie diese wichtige Ressource. Es gibt aber auch Situationen, in denen Menschen sich anstrengen, optimistisch zu sein. In diesem Newsletter geht es um den Unterschied zwischen echtem Optimismus und „Über-Optimismus“.

Viel Anregendes wünscht Ihnen

Sibylle Tobler

Inhalte

 

Optimismus statt Über-Optimismus:
Wie sich realer Optimismus entwickeln lässt

In einem Seminar, das ich für Laufbahnberatende gebe, haben wir es von Menschen, die sich Hals über Kopf in Veränderung stürzen, z.B. ins Blaue hinein die Stelle kündigen. Und die auf Rückfragen, wie sie vorgehen wollen, antworten „Wird schon irgendwie gut kommen – man muss doch optimistisch sein!“

Optimismus ist erwiesenermaßen eine sehr wichtige „Zutat“ zu erfolgreichem Umgang mit Veränderung: Die positive Erwartungshaltung, dass sich Dinge erfreulich entwickeln werden. U.a. aus der Motivationsforschung ist bekannt, dass Menschen mit einer solchen Haltung mehr Zugang haben zu ihren Ressourcen, zu Ideen, dem Schatz all ihrer Erfahrungen. Und daher eher Wege und Lösungen finden für den Umgang mit schwierigen Situationen.

Optimismus ist also wichtig. Dann ist doch nichts falsch mit einer Person, die ihre Stelle kündigt? Es braucht doch auch Risikofreude? Was ist denn schlecht daran, etwas zu wagen, spontan zu handeln? Wir wollen uns doch viel zu oft absichern!

Spontanes Handeln ist ebenso nützlich wie der Optimismus, dass sich Lösungen finden werden. Nur: Nicht immer sind es Spontaneität und Optimismus, die Menschen zu abruptem Handeln veranlassen. Oft ist es der Wunsch, etwas Lästiges möglichst rasch hinter sich zu lassen – begleitet durch das Wunschdenken, der Rest werde sich schon irgendwie erledigen. Vieles ist unklar und vage. (Berechtigte) Zweifel und Ängste sowie (reale) Hindernisse werden ausgeblendet. Wenn positive Resultate auf sich warten lassen, wird es oft kritisch und zeigt sich, was vernachlässigt wurde: Das genaue Hinschauen. Was als Optimismus daherkommt, entpuppt sich als „Über-Optimismus“: Der Versuch, sich selbst / das eigene Vorgehen positiv aufzuladen – auch wenn (oder vielleicht gerade weil) vieles völlig unklar ist.

Ein echt optimistischer Mensch blendet nicht aus. Er setzt sich mit seiner Situation auseinander. Und mit sich selbst. Er strengt sich nicht an, „positiv“ zu denken – eine positive Haltung ergibt sich vielmehr natürlich, weil er lernt, wie und dass er Schwierigem begegnen kann. Er lässt Zweifel und Angst zu – ohne sich davon leiten zu lassen. Er sieht Risiken – und geht sie bewusst ein. Er handelt mutig und durchaus auch spontan – mit Ideen, wie er allenfalls noch anders vorgehen könnte. Und das Wichtigste: Sein Handeln ist geleitet durch ein klares inneres Bild dessen, was ihm wichtig ist, wofür er sich einsetzen und was er erreichen will. Er will nicht so sehr von etwas weg, sondern auf etwas hin, was für ihn motivierend ist, was ihm entspricht. Er flüchtet nicht vor Unangenehmem, sondern engagiert sich für das, was ihm wichtig ist. Das vermittelt ihm den langen Atem, Veränderungsschritte nicht nur zu wagen, sondern auch dranzubleiben, wenn sich Erfolge nicht sofort einstellen.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie in einer echt optimistischen Haltung Schritte wagen, hinter denen Sie stehen und die zu Ihnen passen – und dass Sie dies spontan und bewusst tun können. Oder dass Sie – falls Sie wie die Laufbahnberatenden, von denen oben die Rede war, Menschen im Umgang mit Veränderung begleiten – Wege aufzuzeigen vermögen, wie man optimistisch und realistisch vorgehen kann.

 

Die Essenz: Bewusster Optimismus

Optimismus kann seine Kraft voll entfalten, wenn er gekoppelt ist an „Genau Hinschauen“ sowie an einen „passenden“ und „motivierenden Horizont“. Beide Begriffe – „Genau Hinschauen“ und „Motivierender Horizont“ – habe ich im Rahmen meines 3-Dimensionen-Konzepts zu erfolgreichem Umgang mit Veränderung entwickelt und in meinem Buch „Neuanfänge – Veränderung wagen und gewinnen“ ausführlich beschrieben. „Genau hinschauen“ bedeutet im Kern, sich Zeit zu nehmen, um Überblick und Klarheit zu schaffen. Mit einem „motivierenden Horizont“ ist gemeint, dass man sich in eine Richtung auf den Weg macht, die einen reizt, die einem entspricht und zu der man sich bewusst entscheidet.

Ein solcher Optimismus hat folgende Merkmale:

  • Sie richten Ihre Aufmerksamkeit auf (neue) Möglichkeiten. Zugleich blenden Sie (reale) Hindernisse nicht aus, sondern nehmen diese unter die Lupe.
  • Ihr Optimismus fühlt sich gut und echt an. Er gibt Ihnen Kraft. Sie brauchen sich nicht anzustrengen, Optimismus auszustrahlen. Sie brauchen sich nicht selbst zu überzeugen, „dass es schon irgendwie gut kommt“.
  • Sie können sich selbst gut und realistisch einschätzen. Sie kennen und freuen sich an Ihren Stärken. Zugleich erkennen Sie Sicht-, Denkweisen, Überzeugungen oder Verhaltensweisen, die nicht förderlich sind. Dann finden Sie Wege, noch anders zu denken oder zu handeln.
  • Sie können sich an Ihrem Optimismus freuen. Sie erfahren Optimismus als Kraft. Zugleich gestehen Sie sich zu, dass Sie nicht immer optimistisch sein müssen. Wenn sich Gefühle wie Verunsicherung, Angst, Frustration, Zweifel oder Müdigkeit melden, gehen Sie nicht darüber hinweg. Sie erkunden, ob diese Gefühle Sie auf etwas aufmerksam machen, was Sie möglicherweise zu wenig berücksichtigt haben.
  • Ihr Optimismus ist nicht „überdreht“. Er treibt Sie nicht in Aktivismus. Sie können entspannen. Sie gönnen sich Momente der Erholung.
  • Die Quelle Ihres Optimismus ist neben einer möglicherweise einfach zu Ihrer Person gehörenden Grundhaltung das Wissen darum, was Sie tun und warum Sie dies tun. Sie sind nicht optimistisch, „weil man doch optimistisch sein muss“, sondern weil Sie sich zu Schritten entschieden haben, die Ihnen das Gefühl geben, das jetzt für Sie Richtige zu tun.
  • Ihr Handeln kann – wenn dies Ihrer Persönlichkeit entspricht – durchaus mit spontanen und enthusiastischen Schritten, intuitiven Entscheidungen, mutigem Eingehen von Risiken, dem Wagen von „Verrücktem“ verbunden sein. Zugleich hat Ihr Vorgehen einen „roten Faden“: Sie machen Schritte in eine Richtung, die Sie reizt, die Ihnen entspricht, zu der Sie sich bewusst entscheiden. Sie handeln nicht kopflos. Sie flüchten nicht ins Abenteuer. Sie müssen (sich) nichts beweisen. Sie machen Schritte in Richtung Ihres „motivierenden Horizonts“.
  • Wenn es unterwegs Hindernisse gibt, nehmen Sie sich Zeit, diese unter die Lupe zu nehmen und herauszufinden, wie Sie (anders) vorgehen können. Sie sind nicht mit Scheuklappen unterwegs: Sie blenden nicht aus, was nicht ins optimistische Bild passt.
  • Ihr Handeln führt früher oder später zu Erfolgserlebnissen und Fortschritt und ist dadurch Nahrung für echten Optimismus.

Anhand dieser Punkte können Sie erkunden, ob Sie sich geradeaus an Ihrem Optimismus freuen können – weil Sie feststellen, dass Sie dabei „Genaues Hinschauen“ nicht vernachlässigen und in eine Richtung unterwegs sind, die Sinn macht. Oder Sie werden erkennen, wo Sie ansetzen können, um einen solchen „bewussten Optimismus“ zu entwickeln.

 


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