„Pick Yourself Up“ – Die Kunst, sich aufzurappeln

Grüezi – Guten Tag!

(Nicht nur) in Veränderungssituationen kann es Momente geben, in denen man sich mies fühlt, Mut, Energie und Zuversicht auf der Strecke bleiben. Die Kunst ist es, solche Momente zuzulassen ohne darin hängenzubleiben. Die Kunst ist es, sich an der Hand zu nehmen und wieder aufzustehen. Mit diesem Newsletter lade ich Sie ein, Ideen zu sammeln, wie Sie sich in dieser Kunst üben können.

Viel Anregendes wünscht Ihnen

Sibylle Tobler

Inhalte

 

„Pick Yourself Up“ – Die Kunst, sich aufzurappeln

Kürzlich hatten wir es in einem Seminar u.a. von Sichtweisen, die hilfreich sind, wenn man große Herausforderungen zu bewältigen hat. Ein Seminarteilnehmer bringt sich ein: „Vor unserem Haus gibt es einen Spielplatz. Da beobachte ich, wie Kinder umfallen und kurz danach mit spielerischer Leichtigkeit wieder aufstehen und weitermachen. Dieses Bild macht mir Mut, wenn ich nicht gut drauf bin.“ Ein anderer Seminarteilnehmer ergänzt: „Ja: Hinfallen, aufstehen, die Krone auf dem Haupt zurechtrücken – und weitergehen!“

Welch schöne Bilder.

Während die beiden Seminarteilnehmer sprechen, erinnere ich mich an ein Lied:

Nothing is impossible, I have found
For when my chin is on the ground,
I pick myself up, dust myself off, and start all over again.

Don’t lose your confidence if you slip,
Be grateful for a pleasant trip,
And pick yourself up, dust yourself off, and start all over again.

Work like a soul inspired until the battle of the day is won.
You may be sick and tired, but you’ll be a man, my son.
Will you remember the famous men who had to fall to rise again,
They picked themselves up, dust themselves off and started all over again.
So take a deep breath, pick yourself up, dust yourself off, and start all over again.

Frei übersetzt:

Nichts ist unmöglich, habe ich herausgefunden
Denn wenn ich am Boden bin,
Richte ich mich auf, schüttle den Staub ab und beginne von Neuem.

Verliere nicht dein Vertrauen, wenn du hinfällst,
Freue dich an angenehmen Wegstrecken,
Und richte dich auf, schüttle den Staub ab und beginne von Neuem.

Handle inspiriert bis die Herausforderungen des Tages bewältigt sind.
Du magst krank und müde sein, aber du hast Kraft in dir.
Erinnere dich an Menschen, die erst fallen mussten um dann wieder aufzustehen,
Sie haben sich wieder aufgerichtet, den Staub abgeschüttelt und weitergemacht.
Also: Atme tief durch, richte dich auf, schüttle den Staub ab und beginne von Neuem.

Die Aussagen der beiden Männer und das Lied bringen viel Wichtiges und Hilfreiches zum Ausdruck, wenn es darum geht, wie man Momenten begegnet, in denen es einem schlecht geht, es einen Rückfall, eine Enttäuschung zu verdauen gilt:

  • Es ist normal, umzufallen. Wie bei Kindern: Wer sich bewegt, fällt mal hin. Jeder ist mal schlecht drauf, wird mit Momenten konfrontiert, in denen etwas nicht gelingt, Dinge nicht flott von der Hand gehen oder Resultate dazu zwingen, anders vorzugehen. Menschen, die ihr Leben erfolgreich gestalten, sind davor nicht gefeit. Es ist ein Trugschluss zu meinen, solche Menschen hätten automatisch Erfolg. Im Gegenteil: Viele sind erfolgreich, weil sie vor Hindernissen und Tiefs nicht zurückschrecken.
  • Schlechte Momente zulassen… Wie bei Kindern: Verständlicherweise weinen sie, wenn sie sich beim Fallen das Knie aufgeschürft haben. Je natürlicher man schlechte Momente akzeptiert, desto schneller gehen diese vorbei. Erfolgreiche „Veränderer“ gestehen sich zu, mal schlecht drauf zu sein, Misserfolg zu haben, enttäuscht, frustriert zu sein. Sie strengen sich nicht an, immer „positiv“ zu sein. Sie akzeptieren schlechte Momente. Sie deuten diese nicht als Versagen, sondern als Ansporn, genau hinzuschauen, was los ist und dann weiter zu machen. Wie Thomas Edison, der mit vielen Misserfolgen konfrontiert war, bis ihm die Realisierung der Glühbirne gelang: „Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10’000 Wege gefunden wie es nicht funktioniert.“
  • …ohne dabei hängen zu bleiben. Wenn Kinder umgefallen sind, stehen sie schnell wieder auf. Was erfolgreiche „Veränderer“ auszeichnet: Sie setzen sich mit schlechten Momenten auseinander, aktivieren dann aber positive Gefühle, die ihnen helfen, sich aufzurappeln. In der Psychologie spricht man von Gefühlsregulation. Erfolgreiche „Veränderer“ ziehen sich selbst aus dem Sumpf. Das unterscheidet sie von „Verharrern“, die Misserfolge als Bestätigung sehen, nichts zu schaffen und sich in mentalen Negativspiralen verfangen – was schlussendlich zum eigentlichen Problem wird. Herausforderungen lassen sich nicht bzw. nur mit viel Energieaufwand meistern, wenn man in beeinträchtigenden Gefühlen, Sicht- und Denkweisen hängen bleibt. Sie lassen sich meistern, wenn man den Blick auf das richtet, was einen in bessere Stimmung bringt und es lohnenswert macht, sich aufzuraffen.

Es ist nützlich und hilfreich, in schwierigen Momenten immer im gleichen „Strickmuster“ vorzugehen. Man braucht dann nicht jedes Mal erst nachzudenken, wie man solche Momente bewältigen kann – etwas, was gerade bei gedämpfter Stimmung schwerfällt. So entsteht eine Art Automatismus, der in die Lage setzt, immer schneller und mit weniger Energieverlust aus schwierigen Momenten hinauszufinden. Vielleicht wollen Sie sich folgende vier Schritte merken:

  • Wahrnehmen, was ist. Gehen Sie nicht darüber hinweg, wenn etwas nicht gut läuft, es Ihnen nicht gut geht. Nehmen Sie es nüchtern wahr. Je geübter Sie darin sind, desto natürlicher können Sie Momenten begegnen, in denen nicht alles am Schnürchen läuft.
  • Zulassen, was ist. Gestehen Sie sich zu, dass es jetzt nicht gut geht. Beobachten Sie Ihre Gefühle, benennen Sie sie. Finden Sie eine passende Form, sie auszudrücken – schreiben Sie sie auf, hacken Sie Holz, gehen Sie schwimmen, fluchen Sie auch mal drauf los, wenn das hilft, Dampf abzulassen.
  • Genau hinschauen. Lassen Sie aber nicht zu, dass Ihre Gefühle Sie lähmen. Behalten Sie die Regie. Nehmen Sie sich selbst an der Hand und schauen Sie genau hin: Was ist hier eigentlich los? Wie ist es zu dieser Situation und dieser Stimmung gekommen? Was ist der Auslöser? Ist es einfach ein schlechter Tag, den ich am besten so gut wie möglich vorbeigehen lasse? Oder muss ich etwas anders machen?
  • Blick nach vorne. Üben Sie sich in der Fähigkeit, sich selbst wieder in bessere Stimmung zu bringen. Dazu müssen Sie sich nicht anstrengen, positiv zu denken. Lenken Sie vielmehr Ihre Aufmerksamkeit auf Dinge, die Sie auf andere Gedanken und in eine bessere Stimmungslage bringen.

 

Hilfsmittel für den Umgang mit schwierigen Momenten

Wenn Sie obige Gedanken verstehen, werden Sie schwierigen Momenten anders begegnen. Sie bauen Druck ab, immer gut drauf und erfolgreich sein zu müssen – weil Sie sich vergegenwärtigen, dass Hinfallen keine Schande ist und jeder Mensch schlechte Momente hat. Sie vermeiden Selbstsabotage – viele Menschen geben sich in schlechten Momenten noch selbst aufs Dach, verurteilen sich als Versager und schwächen damit ihr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl.

Indem Sie üben, schwierigen Momenten möglichst natürlich zu begegnen, erfahren Sie, dass diese an Gewicht verlieren. Sie stärken Ihre Selbstwirksamkeit, das Gefühl, Situationen und Gefühlen nicht einfach ausgeliefert zu sein, sondern selbst dazu beitragen zu können, schwierige Momente ohne Schaden hinter sich zu lassen.

Darüber hinaus einige Ideen, wie Sie sich – möglichst präventiv – rüsten können:

  • Entwickeln Sie einen „motivierenden Horizont“. Wenn Sie mit einem Schiff in einen Sturm geraten, ist es sehr nützlich, wenn Sie wissen, wo das Ufer liegt, das Sie erreichen wollen. Entwickeln Sie Perspektiven, Vorstellungen eines Lebens, das Ihnen entspricht, in dem Ihre Talente zum Ausdruck kommen und für das Sie sich einsetzen wollen und können. Ein motivierender Horizont hilft Ihnen gerade in schwierigen Momenten, sich auf das auszurichten, wofür es sich lohnt, weiterzugehen.
  • Wenn Sie häufiger in schwierige Situationen geraten: Entwickeln Sie eine Strategie bzw. Ritual für den Umgang damit. Eine Teilnehmerin in einem Seminar, das ich für Parkinsonpatienten und deren Angehörige gab, erzählte: Wenn es ihr schlecht gehe, ziehe sie sich in ein Zimmer in ihrer Wohnung zurück. Ihre Familie kenne dieses Ritual. Dort schreibe sie sich alle Sorgen, Ängste und Frustration vom Leib. Sie lasse ihre Gefühle zu. Doch nach einer begrenzten Zeit beende sie dies aktiv, lege sich hin und höre eine Musik, die ihr erfahrungsgemäß guttue und positive Gefühle auslöse. Dann könne sie wieder weitermachen mit dem, was gerade anstehe.
  • Wenn Sie öfters mental um Schwierigkeiten drehen: Bestimmen Sie Strategien, die helfen, mentale Negativspiralen zu stoppen. Eine Frau, die ich bei der Stellensuche begleitete, machte alles gut – doch die ersehnte Stelle ließ auf sich warten. Sie begann, mutlos zu werden. Wir schauten genau hin: In Bezug auf die Stellensuche machte sie alles richtig. Wir entwickelten einen Plan B und definierten Maßnahmen, die ihr halfen, dranzubleiben. Und ich regte sie an, Ideen zu sammeln, wie sie vorgehen könne, mentale Negativspiralen zu stoppen. Im nächsten Gespräch erzählte sie lachend, sie hätte einen „mentalen Spray“ erfunden: Jedes Mal, wenn sie in negative Stimmung abzugleiten drohe, verscheuche sie mit diesem Spray entsprechende Gedanken und Gefühle. Sie sei verblüfft, aber es wirke.
  • Finden Sie Bilder oder Sätze, die Sie ermutigen. Vielleicht wollen Sie sich fortan an die Aussagen der beiden Männer oder das Lied erinnern, von denen ich eingangs erzählt habe. Vielleicht ist Ihnen beim Lesen ein Bild oder ein Satz eingefallen, woran Sie sich fortan bei Bedarf erinnern wollen. Halten Sie dies auf einem Kärtchen fest und nehmen Sie dieses gegebenenfalls zur Hand.
  • Beschäftigen Sie sich mit Biographien von Menschen, die Schwieriges gemeistert haben. Lassen Sie sich inspirieren, was anderen geholfen hat.
  • Finden Sie einen wohltuenden Ort, an den Sie sich bei Bedarf zurückziehen. Eine Seminarteilnehmerin, die sehr Schweres mitgemacht hatte, erzählte, dass es in der Nähe ihrer Wohnung einen Baum gebe, den sie aufsuche, wenn sie erschöpft oder mutlos ist. Sie erzähle dem Baum ihr Leid, die Umgebung tue ihr gut und sie komme jedes Mal gestärkt zurück.
  • Wählen Sie Musik, die Sie in positive Stimmung versetzt. Hören Sie diese (nicht nur) in Momenten, in denen Sie nicht gut drauf sind.
  • Machen Sie Notizen. Halten Sie fest, wie es Ihnen geht, was zu positiven oder auch negativen Stimmungen beiträgt. Und wie es Ihnen gelingt, aus schlechten Momenten wieder rauszukommen. So trainieren Sie Achtsamkeit und Zugang zu sich selbst und sammeln zugleich Informationen, was hilfreich ist und was nicht.
  • Halten Sie Erfolgserlebnisse fest. Notieren Sie, was Ihnen gelingt, kleine und große Fortschritte. Erkunden Sie, wie es dazu gekommen ist. Erinnern Sie sich daran – gerade in Momenten, in denen Sie schwarzsehen.

Am besten rüsten Sie sich in guten Momenten mit solchen Hilfsmitteln. Eine Seminarteilnehmerin erzählte: Sie habe eine Liste erstellt mit Maßnahmen, was sie alles tun könne in Situationen, in denen es ihr nicht gut geht. Seit sie diese Liste habe, hätte sie sie noch nie gebraucht…

Ich wünsche Ihnen Offenheit, Mut, gute Ideen und Erfahrungen im Umgang mit schwierigen Momenten. Vielleicht wollen Sie sich dabei von diesem schönen Lied „Pick Yourself Up“ inspirieren lassen – besonders schwungvoll gesungen durch Frank Sinatra.

 

Wenn Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchten…

  • Ein „Motivierender Horizont“ ist eine der wirksamsten Strategien, in schwierigen Momenten nicht abzudriften. In meinem Buch „Neuanfänge – Veränderung wagen und gewinnen“ erfahren Sie, was darunter zu verstehen ist und wie ein solcher Horizont entwickelt werden kann.

 


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