Grüezi – Guten Tag!
Herzlich willkommen im neuen Jahr! Hoffentlich starten Sie das neue Jahr schwungvoll und zuversichtlich – ausgerichtet auf Ihren motivierenden Horizont, auf Perspektiven, für die Sie sich einsetzen wollen und können und die Ihnen Energie geben und positive Gefühle aktivieren. Positive Gefühle sind Motor in der Lebensgestaltung. Doch kann man diesen Gefühlen trauen? Mehr dazu in diesem Newsletter.
Viel Anregendes wünscht Ihnen
Inhalte
- Vom „Hang zur Fröhlichkeit“ und der Frage, ob dies Verdrängen oder naiv ist
- Woran ist erkennbar, dass man positiven Gefühlen in einem Veränderungsprozess trauen kann?
- Wenn das soziale Umfeld unsere Freude über Neues in Frage stellt
- Wenn Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchten…
Vom „Hang zur Fröhlichkeit“ und der Frage, ob dies Verdrängen oder naiv ist
Auch während diesem Jahreswechsel pflegte ich mein geliebtes Ritual: Menschen zu schreiben. Dazu gehören auch berufliche Kontakte. Oft kommt es zu einem schönen schriftlichen „Schwätzli“. Und einmal mehr bin ich erfreut und beeindruckt, was ich von Menschen erfahre, die mutig ihr Leben gestalten und von positiven Erfahrungen berichten.
Dazu gehört das Mail einer Beratungskundin. Ich hatte 2021 von ihr erzählt. Sie war konfrontiert mit einer unschönen aufgezwungenen Veränderung; ihr Mann wollte von einem Tag auf den anderen allein weiter durchs Leben ziehen. Begreiflicherweise löste dies vieles aus. Die Beratungskundin war entschlossen, vorwärts zu gehen, doch alte Gefühls- und Denkmuster waren getriggert worden, verunsicherten und erschwerten das Aufbrechen. Während einem Gespräch konnte ich ihr ein paar Dinge erklären, die sie in die Lage setzten, besser zu verstehen, was ablief und sie ermutigten, aufzubrechen statt in die Opferrolle zu gehen. Etwas später berichtete sie, dass es sich „fast ‚magic‘“, anfühle, in einer solchen Situation am Morgen plötzlich zu singen, nach der Entscheidung, nicht Opfer zu sein.
Das, was sie jetzt schrieb, ließ mich ganz fröhlich werden. Sie schnitt dabei so Wichtiges an, dass ich mich kurzerhand entschloss, in diesem Newsletter darauf einzugehen.
Aus ihren Zeilen kommt Freude zum Ausdruck am neu eingeschlagenen Weg, den sie „beschwingt“ weitergehe. Sie erzählt von der Freude über berufliche Projekte und Erfolge – es ist spürbar, dass sie im Element ist: „… dies steht weiter motivierend am Horizont“. Und dann – und das finde ich nicht nur schön, sondern auch interessant: „Ich bin immer wieder erstaunt und dankbar, dass ich einen Hang zur Fröhlichkeit und Dankbarkeit eingepflanzt erhalten habe und jeden Morgen erwartungsvoll aufstehe. Manchmal bin ich unschlüssig, ob andere dem Verdrängen oder Naivität sagen würden. Ein Familienmitglied tut dies. Es ist auf jeden Fall kein verkrampftes positives Denken, wovor Sie in Ihren Newslettern warnen. Aber natürlich schon eine Entscheidung (Sie haben mir dabei geholfen) und meine Art, die Welt um mich herum wahrzunehmen und an mich heranzulassen: Ich steige einfach in meinen Vertrauenskreis ein, der weiter gestärkt wird. Ich weiß, dass dies keine Selbstverständlichkeit und auch nicht garantiert ist, und das macht mich noch dankbarer und motivierter. Das steuert auch meistens meine Reaktion in unangenehmen Situationen, bei Enttäuschungen oder gegenüber ‚schwierigen‘ Personen.“
In diesen paar Zeilen steht so viel Wichtiges. Auf zwei Aspekte möchte ich hier eingehen. Ich denke, das kann viele ermutigen, die Ähnliches erfahren.
Woran ist erkennbar, dass man positiven Gefühlen in einem Veränderungsprozess trauen kann?
An sich sprechen die Zeilen der Beratungskundin für sich: Alles spricht dafür, dass sie ihrem „Hang zur Fröhlichkeit“ trauen und ihre positiven Gefühle in vollen Zügen genießen darf. Warum?
Weil sie die Essenz erfolgreichen Umgangs mit Veränderung verstanden hat und in ihre Situation überträgt – offensichtlich in einem kontinuierlichen Prozess, sorgfältig, wach, fundiert.
Gefühle sind Resultat von Wahrnehmungen, Gedanken, Erfahrungen und deren Interpretation. Anders gesagt: Worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken, die Gedanken, die wir pflegen und die Art, wie wir Situationen und Erfahrungen interpretieren, lösen Gefühle aus. Diese Gefühle wiederum beeinflussen, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, was wir denken, wie wir uns verhalten und welche Resultate wir erzielen bzw. welche Erfahrungen wir machen. Es besteht also eine Feedbackschlaufe zwischen Aufmerksamkeitsfokus – Denken – Handeln – Fühlen.
Die aufgezwungene Veränderung triggerte bei der Beratungskundin beeinträchtigende Gefühle. Diese Gefühle waren verknüpft mit Gedanken, Erfahrungen, Interpretationen und Verhaltensweisen, die ihr von früher bekannt waren. Das kann es immer geben, in Stresssituationen erst recht: Alte Muster können aktiviert werden.
Sie brachte Bereitschaft und Mut auf, diese Muster zu beobachten und zu benennen. Zugleich entschied sie sich, sich damit auseinanderzusetzen, welches Denken ihr helfen würde, aufzubrechen und welche Gefühle sie haben würde, wenn sie einmal auf diese Veränderung zurückschauen und sagen könnte „Wow, es war sehr happig, aber ich habe es geschafft, aufzubrechen. Und freue mich von Herzen über das Resultat“.
Sie begab sich in einen entsprechenden Prozess: Sie übte sich, beeinträchtigende Gefühle und die damit verbundenen Gedanken wahrzunehmen – ohne sie zu unterdrücken, aber auch ohne ihnen Energie zuzuführen und ihr Handeln davon leiten zu lassen. Zugleich übte sie, ihre Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was sie sich wünschte, was ihr wichtig war, was es sinnvoll machte, diese unschöne Situation als Ausgangslage zu akzeptieren und aufzubrechen. Sie übte sich darin, Gedanken und Verhaltensweisen zu pflegen, die kompatibel waren mit der Person, die sie sein wollte.
Sie übte sich in „managing your mind“ wie es im Buddhismus so schön heißt: Die Kunst, Regie zu übernehmen über das eigene Denken und Fühlen. Das ist eine Entscheidung und erfordert Training. Sie entschied sich nicht, Unschönes zu verdrängen. Sie entschied sich, den Fokus auf das zu legen, was sie sich wünschte und wofür sie konkrete Schritte unternehmen wollte und konnte.
Statt sich durch alte beeinträchtigende Gefühle und damit verbundene Gedanken und Verhaltensweisen dazu verleiten zu lassen, in eine Negativspirale abzudriften, übte sie sich darin, ihr Denken und Verhalten auf ihren motivierenden Horizont auszurichten, auf Vorstellungen einer Situation, in der sie am Morgen wieder gerne aufstehen würde. Indem sie Schritte in diese Richtung umsetzte – u.a. beruflich –, ermöglichte sie sich Erfolgserlebnisse. Diese wiederum bestärken sie und lösen verständlicherweise positive Gefühle aus: Die Befreiung, einer schwierigen Situation nicht ausgeliefert zu sein. Das Staunen, aus einer solchen Situation aufbrechen zu können. Die Freude, mit sich in Kontakt zu kommen. Fröhlichkeit und Dankbarkeit, dass sich Dinge positiv verändern. Dies wiederum stärkt ihr Vertrauen in den begonnenen Prozess. Zugleich wird den alten beeinträchtigenden Mustern Energie entzogen. Neurobiologisch: Durch dieses Vorgehen unterbrach sie immer wieder die neuralen Netzwerke und die neurochemischen Prozesse, die mit dem „alten“ Muster in Denken und Fühlen verbunden waren – d.h. Informationsnetzwerke, in denen alle Informationen zu den „alten“ Mustern „gespeichert“ waren und die automatisierte Reaktionen und Vorgehensweisen entsprechend dem „alten“ Muster ermöglichten. Und mit ihrer Ausrichtung auf einen motivierenden Horizont, die Auseinandersetzung, wie sie neu denken und fühlen und sich als diese Person verhalten wollte, entwickelte sie neue neurale Netzwerke und neue neurochemische Prozesse – ihr Gehirn und Körper begannen sich auf das Neue einzustellen statt die konditionierten „alten“ Muster zu wiederholen.
Die positiven Gefühle sind Resultat dieses Prozesses. Sie sind Ausdruck einer neuen Realität, die sie sich durch genaues Hinschauen und das Umsetzen von Schritten in Richtung ihres motivierenden Horizonts ermöglicht hat. Sie gibt sich nicht Mühe, positiv zu sein und positive Gefühle zu haben. Die positiven Gefühle sind Folge ihrer Entscheidung, nicht Opfer zu sein, ihrer Entschlossenheit, sich auf die Gestaltung eines guten neuen Lebens auszurichten und ihrer Erfahrung, dass dadurch ein positiver Prozess in Gang kommt. Dies stärkt ihr Vertrauen. Ein positiver Kreislauf. Der allen Anlass zu positiven Gefühlen gibt.
Wenn das soziale Umfeld unsere Freude über Neues in Frage stellt
Dass ihre positiven Gefühle Resultat und Ausdruck eines fundierten Prozesses sind, zeigt sich auch, wie sie auf die Meinung eines Familienmitglieds reagiert, die diese Gefühle für naiv bzw. als Ausdruck von Verdrängung hält: Sie nimmt dies auf, schaut genau hin, überprüft – ohne sich verunsichern oder gar vom gut Begonnenen und ihrer Freude abhalten zu lassen.
Dies macht auf etwas sehr Wichtiges aufmerksam: Wenn wir uns verändern, beeinflusst dies immer unsere Beziehungen. In meiner Arbeit betone ich immer wieder, dass wir nicht erwarten können, dass das Umfeld Beifall klatscht, wenn wir mutig aufbrechen. Jemand, der Regie übernimmt, kann für das Umfeld zur Herausforderung werden. Mit dem eigenen Aufbruch konfrontiert man andere mit ihrer eigenen Situation. Und: Nicht alle mögen freie, glückliche Menschen, die Erfolg haben. Eine Strategie, um das Gewohnte wieder herzustellen – das gewohnte Beziehungsmuster –, kann es dann sein, diese Person zu kritisieren, Gefahren aufzuzeigen oder – wie in diesem Fall – positive Gefühle als Ausdruck von Naivität und Verdrängen abzuwerten. Es ist sehr wichtig, sich dessen bewusst zu sein. Selbstverständlich kann es auch sein, dass einen das Umfeld auf Dinge hinweist, die wir möglicherweise übersehen haben. Es ist immer gut, Bemerkungen aufzunehmen und zu überprüfen, ob da etwas dran ist. Wer dann zum Schluss kommt, dass – wie in der Situation der Beratungskundin – Freude einfach geradeaus von Herzen kommt, dass man genau hinschaut, Schwierigem nicht ausweicht, aber entschlossen auf den motivierenden Horizont ausgerichtet ist, wird nur bestärkt im Positiven. Dann gilt es, sich darin zu üben, auf „Flughöhe“ zu bleiben, und vielleicht auch, Distanz zu nehmen zu Menschen, die positive Entwicklung in Frage stellen, abwerten und gefährden.
Und so wünsche ich Ihnen, dass Sie im frisch begonnene Jahr Ihren motivierenden Horizont entwickeln, beleben, zur inneren Realität werden lassen. Und dabei nicht scheuen, unter die Lupe zu nehmen, was Sie dabei abhalten, beeinträchtigen, verunsichern kann. Um umso freier vom „alten“ ins „neue Selbst“ zu wechseln und freudig zu genießen, was sich entwickelt. Ich wünsche Ihnen ein richtig gutes 2023! Mit vielen positiven Gefühlen .
Wenn Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchten…
- Mehr zu positiven Gefühlen in Situationen, in denen man sich entschließt, Regie zu übernehmen und aufzubrechen und was dies von „positiv sein wollen“ unterscheidet
- im Newsletter 2021/06: „Von Opferhaltung ins Gestalten“;
- im Newsletter 2021/09: „Von Opferhaltung ins Gestalten (2): Warum dies fast ‚magisch‘ positive Gefühle auslöst“;
- im Newsletter 2014/11: „Optimismus statt Über-Optimismus“.
- Vielleicht denken Sie: „Ich will mich auch entschlossen auf einen motivierenden Horizont ausrichten und mache auch Schritte – doch bei mir stellen sich keine guten Gefühle ein, und ich frage mich, ob ich gut unterwegs bin.“ Dazu mehr
- im Newsletter 2021/10: „Emotional addiction – Warum sich gutes Neues nicht immer gut anfühlt“.
- Beeinträchtigende Gefühle erschweren oder verunmöglichen Entwicklung. Der Weg im Umgang mit Gefühlen führt über das Verstehen, wie Denken, Fühlen und Verhalten zusammenhängen und dass man lernen kann, destruktive Muster zu unterbrechen und förderliche Muster zu entwickeln – es ist nie zu spät dazu. Mehr dazu
- in meinem Buch „Veränderungskompetenz fördern. Für Professionals in Führung, Beratung und Therapie“;
- im Newsletter 2019/04: „Wenn Gefühle Entwicklung erschweren“;
- Im Newsletter 2018/12: „Neue Muster entwickeln“.
- Die Beratungskundin erwähnt den „Vertrauenskreis“. Ebenso wie die drei Schlüsseldimensionen erfolgreichen Umgangs mit Veränderung – „Genau hinschauen“, „Entschlossenheit & Mut, aufzubrechen“, „Vertrauen, ‚anzukommen‘“ – in einer Wechselwirkung stehen und den Veränderungskreis © bilden, entsteht auch Vertrauen in Wechselwirkung von fünf Elementen – ich nenne dies den „Vertrauenskreis“. Mehr zum Thema Vertrauen
- einen Überblick auf meiner Website unter „Vertrauen in Veränderungsprozessen“
- meinem Buch „Neuanfänge – Veränderung wagen und gewinnen“. Dort wird der Vertrauenskreis ausführlich beschrieben. Mit Beispielen und Anregungen zur Übertragung in die eigene Situation;
- im Newsletter 2022/06: „Vertrauen ins Gelingen: (Wie) lässt es sich aufbauen, wenn es abhandengekommen ist?“
- im Newsletter 2018/12: „Positive Erwartungshaltung“.
- Zum Umgang mit Reaktionen aus dem sozialen Umfeld
- in meinem Buch „Die Kunst, über den eigenen Schatten zu springen oder wie Sie Schwierigkeiten bei Neuanfängen meistern“, dort Kapitel 6 „‘Reaktionen anderer verunsichern mich‘ – Klug mit Bemerkungen aus dem sozialen Umfeld umgehen“
- im Newsletter 2015/10: „Klug mit Reaktionen aus dem sozialen Umfeld umgehen“;
- im Newsletter 2017/01: „Wohltuende Kontakte pflegen – Energielöcher meiden“.
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- das Buch Die Kunst, über den eigenen Schatten zu springen oder wie Sie Schwierigkeiten bei Neuanfängen meistern ist vergriffen, aber in Bibliotheken ausleihbar. Oder kontaktieren Sie mich.
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- Sibylle Toblers Konzept zu den Schlüsseldimensionen erfolgreichen Umgangs mit Veränderung (Veränderungskreis ©)
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