Sich Freiräume schaffen

Grüezi – Guten Tag!

Frühling! Haben Sie ihn schon begrüßt? Genossen? Sich Zeit genommen für einen Spaziergang durch die erwachende Natur? Oder für einen Moment, während dem Sie alles stehen und liegen ließen und in vollen Zügen die Frühlingssonne, das knallige Licht, die Wärme, das Vogelgezwitscher genossen? Mit diesem Newsletter ermuntere ich Sie dazu – nicht nur, weil es geradeaus guttut.

Viel Anregendes wünscht Ihnen

Sibylle Tobler

Inhalte

 

Ein schöner Frühlingstag…

Vergangene Woche präsentierte sich Den Haag von der allerschönsten Seite: Frühling! Hier an der Küste gibt es dann dieses einmalige knallige Licht. Die Luft scheint wie frisch gewaschen. Die Vögel zwitschern fröhlich. Und sobald die ersten Frühlingsstrahlen nicht nur das Herz erwärmen, zieht es die Menschen ins Freie, die Straßencafés füllen sich.

Ich beschließe, einen freien Tag zu nehmen. Trotz aller Arbeit, die wartet. Trotz anstehender Termine. Trotz Steuererklärung. Trotz Gras, das gemäht werden will. Jetzt ist es schön. Jetzt scheint die Sonne. Ich mache einen Stadtspaziergang. Das Grün an den Bäumen treibt, überall gibt es blühende Krokusse – an einigen Orten sind es richtiggehend lila Blumenteppiche. Das Licht lässt die Häuser strahlen. Starke Kontraste. Pralle Farben. Die Menschen wirken gutgelaunt. Am Nachmittag setze ich mich in den Garten. In die Sonne. Und lasse dieses Frühlingserwachen weiter auf mich wirken, nehme es mit allen Sinnen auf. Mache nichts. Zumindest sieht es so aus.

Am Abend bin ich vollgetankt mit Wärme, Sonne, Klängen, Düften. Schöne Bilder verankern sich in meinem Gehirn und meiner Seele. Ich fühle mich frisch und munter.

Natürlich kann man es dabei bewenden lassen: Ein schöner Frühlingstag. Prima.

 

Sich Freiräume schaffen – warum das mehr als guttut

Doch wenn ich sozusagen meine professionelle Brille aufsetze, gibt es mehr Gründe, sich immer wieder solche Freiräume zu schaffen.

Zuerst: Was heißt „sich Freiräume schaffen“?

Heißt es, dass jetzt jeder alles stehen und liegen lassen und ein bisschen in die Sonne liegen soll? Nein.

Für mich ist „sich Freiräume schaffen“ gekoppelt daran, sich als aktiven „Gestalter“ des Lebens zu verstehen. Es ist für mich gekoppelt an eine bewusste Auseinandersetzung mit der Richtung, die man im Leben einschlägt, für die man Verantwortung übernimmt und für die man sich aktiv einsetzt – egal, was das im Einzelnen ist. Auf dieser Basis bedeutet „sich Freiräume schaffen“, sich unterwegs Abweichungen zuzugestehen: Momente, in denen man Atem holt, das Pferd sozusagen frei auf der Weide laufen lässt. Zugleich Momente, in denen man sich entscheidet, Dinge noch anders zu machen, von Routinen oder vermeintlich vorgegebenen Abläufen abzuweichen – sei das in der Alltagsgestaltung, im Umgang mit Menschen (und sich selbst!) sowie auch im eigenen Denken. Letztlich ganz wörtlich: Sich freien Raum schaffen.

Jetzt will ich Sie nicht alle auf einen Frühlingsspaziergang schicken – obwohl damit natürlich nichts falsch ist. Freiräume lassen sich auf ganz unterschiedliche Art schaffen, etwa

  • beim Warten vor einer roten Ampel bewusst Zeit nehmen, einen schönen oder interessanten Gedanken zu entwickeln;
  • eine Einladung absagen;
  • den Berg zu bügelnder Wäsche in kleinere Berge aufteilen statt sich genervt einen Abend durchleiden;
  • in einem Gespräch nicht höflich schweigen, sondern eigene Gedanken einbringen;
  • etwas tun, was man schon lange tun wollte;
  • das sonntägliche Familienritual mal überspringen;
  • spontan einen Kuchen backen und die Nachbarn damit überraschen;
  • Musik wirklich hören statt lediglich laufen zu lassen;
  • diesen Nachbarn besuchen, der jetzt im Altersheim ist und die Geselligkeit der Straße vermisst;
  • etwas Neues ausprobieren.

So verstanden ist „sich Freiräume schaffen“ etwas Anderes als in den Tag hinein zu leben, vor Herausforderungen, lästigen oder anstrengenden Arbeiten zu fliehen oder von einem schöneren Leben zu träumen.

So verstanden bedeutet „sich Freiräume schaffen“ aktives Gestalten des Alltags und bewusstes, selbstverantwortliches Entscheiden für Schritte, die Energie geben, das Leben farbig und lebenswert machen.

Wer sich in diesem Sinn Freiräume schafft, erfährt, dass dies mehr als guttut. Wer sich Freiräume schafft,

  • kommt in Kontakt mit sich selbst und der eigenen Kraft: Wer sich Freiräume schafft, fokussiert darauf, was einem selbst wichtig ist. Dadurch übt man zugleich, sich selbst besser kennen zu lernen. Dazu gehört auch, jene (inneren) Stimmen kritisch unter die Lupe zu nehmen, die vermitteln „Das liegt jetzt nicht drin“, „Wo kämen wir hin, wenn jeder einen Frühlingsspaziergang macht!“. Wer in Kontakt ist mit sich selbst, kann das Leben besser meistern – auch Schwieriges.
  • versetzt sich selbst in gute Laune: Wenn es gelingt, Regie zu übernehmen, sich einen Freiraum zu schaffen, dann fördert das positive Gefühle, nicht nur, weil so etwas wie ein Frühlingsspaziergang einfach Freude macht. Es ist auch die Freude „Ich hab’s geschafft, heute bewusst einen Akzent zu setzen statt mich als Opfer von Sachzwängen zu sehen.“ Wer sich selbst in gute Laune bringt, pflegt eine essentielle Ressource. Wir wissen aus der Forschung, dass ein entscheidendes Merkmal von Menschen, die erfolgreich Schwieriges bewältigen, die Fähigkeit ist, selbst positive Gefühle zu aktivieren. Man spricht in der Psychologie von Gefühlsregulierung.
  • schafft Raum für andere Gedanken und Ideen: Wer sich Abweichungen in der Alltagsgestaltung zugesteht, nimmt Distanz. Dadurch wird jener Bereich im Gehirn aktiviert, der sozusagen zuständig ist für den Zugang zu unseren Erfahrungen, unserer Kreativität und Ideen. Viele kennen wohl das Phänomen: Man sucht angestrengt nach der Lösung eines Problems. Und beim Morgenspaziergang oder Kuchenbacken hat man plötzlich die zündende Idee.
  • gewinnt an innerer Souveränität und Freiheit: Vielleicht das Wichtigste. Wer sich Freiräume schafft, erfährt, dass er immer ein Wörtchen mitreden kann, wie sein Leben verläuft. Das stärkt das Gefühl, nicht Spielball von irgendwelchen Sachzwängen zu sein, sondern über innere Souveränität, Unabhängigkeit und Freiheit zu verfügen.
  • ist zufriedener, fühlt sich nicht als Opfer von Umständen und ist nicht neidisch auf andere, die es scheinbar besser getroffen haben im Leben: Viele Menschen denken, wer sich Freiräume schafft, sei egoistisch. Das Gegenteil ist der Fall. Wer sich Freiräume schafft, ist bei sich, übernimmt Verantwortung für das eigene Leben. So jemand sucht keine äußeren Gründe für Unzufriedenheit oder innere Leere. So jemand pflegt kein Mangeldenken – weil er sich selbst um sein Wohlbefinden kümmert. Gerade dies ist die Basis, auch für andere da zu sein – nicht aus aufopferndem Pflichtgefühl, sondern von Herzen. Und: Jemand, der zufrieden ist, ist niemals eine Last für andere.
  • baut neue Energie auf für alles, was der Alltag fordert: Wie eingangs festgehalten ist „sich Freiräume schaffen“ nicht zu verwechseln mit Flucht vor dem Leben. Im Gegenteil: Wer sich Freiräume schafft, erhält daraus Energie, anzupacken, was es anzupacken gilt – weil er weiß und erfährt, dass er sich immer wieder neu entscheiden kann.
  • trainiert Mut und Kompetenz, das Leben in die Hand zu nehmen: Darum geht es letztlich. Gestalter sein statt Duldender und Leidender.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich immer wieder Freiräume schaffen – kleine und große. Und immer wieder erfahren, dass das eine sehr wohltuende und wichtige Ressource ist. Vielleicht wollen Sie ja auch einen dieser schönen Frühlingstage als Anlass nehmen…

 

Wenn Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen möchten…

  • Viele Menschen sind der Überzeugung, sich keine Freiräume schaffen bzw. leisten zu können. Sie sind überzeugt: „Das geht nicht!“ Oder auch: „Wo kämen wir hin, wenn sich plötzlich jeder Freiräume schafft!“ Andere trauen sich nicht: „Was denkt auch der Nachbar“, „Werde ich dann trotzdem schaffen, was ich mir vorgenommen habe? Ich kann doch nicht einfach spazieren gehen…“, „Ist das nicht egoistisch?“  Für alle, die solche Fallen hinter sich lassen und damit freier durchs Leben gehen wollen, kann mein Buch „Die Kunst, über den eigenen Schatten zu springen oder wie Sie Schwierigkeiten bei Neuanfängen meistern“ ein nützlicher und ermutigender Begleiter sein.
  • Viele Menschen, gerade auch, wenn es um Situationen am Arbeitsplatz geht, haben das Gefühl, gebunden, gefangen zu sein, eben keine Freiräume zu haben. Wie man sich Freiräume schaffen kann, gerade auch, wenn es keine zu geben scheint, davon handelt mein Newsletter 2016/02 „Freiräume wahrnehmen und nutzen“.
  • Wer den Mut aufbringt, sich immer wieder Freiräume zu schaffen, stärkt die eigene Veränderungskompetenz. Denn: Wer sich im Alltag Freiräume schafft, übt, Regie zu übernehmen – eine Fähigkeit, die in Veränderungssituationen entscheidend ist. Wer darüber hinaus noch mehr für die eigene Veränderungskompetenz tun will bzw. sich aktuell in einer Veränderungssituation befindet, erfährt in meinem Buch „Neuanfänge – Veränderung wagen und gewinnen“, worauf es dabei ankommt – und wird hoffentlich zusätzlich Mut aufbauen, das Leben in die Hand zu nehmen.

 

 


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